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Montag, 5. November 2012

Gute Zeiten, schlechte Zeiten ... und noch alles Mögliche dazwischen.

Nein, ich meine nicht die TV-Serie. ;-)

Irgendwer erinnerte mich heute an die Zeit nach dem Krieg. Das führte meine Gedanken zurück in meine Kindheit. Denn ich war ein Kind der Nachkriegsjahre. Wir waren eine achtköpfige Familie. Meine Eltern erzählten uns oft Erlebnisse aus Kriegszeiten. Und meine Mutter war ihr Leben lang von der Angst besetzt, dass wieder mal ein Krieg kommen könnte. Diese Angst hat sich auch als ich Kind war,  auf mich übertragen. Ich habe oft geträumt, es käme Krieg - einfach nach dem Muster, welches ich aus den Erzählungen kannte. Meine Ängste haben allerdings im Laufe der Jahre, nachdem ich erwachsen wurde, nachgelassen.

Kürzlich habe ich gelesen, dass Menschen bis zur Armutsgrenze in DE immer mehr werden. Als ich den Betrag der Grenze sah, stellte ich fest, dass ich auch dazu gehöre. Wenn ich nun aber mal mit der Zeit meiner Kindheit vergleiche, dann bin ich heute wirklich reich. Darum glaube ich, reich oder arm sein ist nicht vom Geld abhängig. Man kann reich sein mit wenigem was man hat und arm sein mit gut gefülltem Geldbeutel. Reich ist man dann, wenn man die Möglichkeiten, die man hat, ausschöpft und sich daran erfreuen kann. Arm ist man dann, wenn man immer mehr haben will, als man bekommen kann.

Ich erinnerte mich heute Morgen an die Zeit vor Weihnachten. Mutter forderte uns auf, Ausschau zu halten nach bunten durchsichtigen und glitzernden Papierchen - z.B. Bonbonpapier. Solche sollten wir aufheben und mitnehmen zum basteln für Weihnachtsschmuck. Auch kleine Tannenzweige, die andere Leute verloren haben, sollten wir mitbringen. Es gab überhaupt viele Schätze, die man einfach auf der Straße finden konnte.

Geschenke zu Weihnachten wurden grundsätzlich selbst gebastelt. Natürlich war das Material recyclet aus Gegenständen, die nicht mehr gebraucht wurden. Alte Pullover wurden aufgeribbelt, um daraus etwas Neues zu stricken oder häkeln. Ich weiß jetzt, warum es mir oft immer noch schwer fällt, Dinge wegzuwerfen, die noch brauchbar erscheinen.

Lebensmittel wegwerfen war ein Verbrechen. Man könnte fast sagen, Lebensmittel waren heilig. Es war auch faszinierend, was für Gerichte Muttern aus "Resten" noch zaubern konnte. Wenn das Geld manchmal zum Monatsende knapp wurde, wurde manchmal aus Weizenschrot, dass wir vom "Futtermann" kauften, eine leckere Schrotsuppe gemacht. (Der Futtermann für Tierfutter fuhr mit dem LKW regelmäßig durch unsere Wohnsiedlung - wie viele andere Verkäufer auch, z.B. Bäcker, Milchwagen und Gemüse sowie Lumpensammler). Auch bei der Brotfabrik gab es auch altes Brot für die Tiere ganz billig. Manchmal war es schon ein bißchen schimmelig, der Schimmel wurde dann abgeschnitten. Aber der Mann bei der Brotfabrik ahnte wohl schon, dass das Brot für die Tiere eigentlich für uns bestimmt war und suchte uns immer die besten Teile raus. Auch hatte die Brotfabrik immer "Tüten" im Angebot. Das waren große Papiertüten, gefüllt mit den abgeschnittenen Rändern von Kuchen - meist Hefestreuselkuchen, die man für ein paar Pfennige kaufen konnte. Ein Besuch bei der Brotfabrik beinhaltete bei uns fast immer auch solch eine tolle "Tüte".

Wir Kinder wurden so erzogen, dass wir auf andere Menschen, denen wir begegnen, acht haben. Es war selbstverständlich, dass man die Nachbarn auf der Straße grüßte. Wenn ältere Frauen mit voller Tasche unterwegs waren, wurde gefragt, ob man tragen helfen kann. Wenn im Bus oder im Wartezimmer alle Sitzplätze besetzt waren, war es selbstverständlich, dass ein Kind aufstand, wenn Erwachsene dazu kamen. Mitarbeit im Haushalt und mitversorgen der kleineren Geschwister war auch selbstverständlich. Weil das bei uns oft wenig Zeit zum spielen bedeutete, habe ich oft den ganzen  Nachmittag lang Hausaufgaben für die Schule gemacht. ;-)

Es waren Zeiten, die Gutes beinhalteten und auch solche, die ich im Rückblick als nicht so gut empfand. Aber die Nicht-so-guten waren es nicht deshalb, weil es zu wenig materiellen Besitz gab, sondern eher da, wo es an Liebe mangelte. Ich habe daraus gelernt:  Liebe kann man nicht kaufen und auch nicht produzieren. Sie entsteht aus dem Herzen heraus, da wo Menschen aufeinander acht haben und das nutzen und auch abgeben was sie haben - anstatt nach dem zu streben, was sie nicht haben können.

Der Missionar, "Jim Elliot" hat dazu mal einen tollen Spruch gebracht. In deutsch übersetzt so ungefähr:  "Der ist kein Narr, der gibt, was er nicht behalten kann um zu gewinnen, was er nicht verlieren kann.".

(Englisch im Original: "He is no fool who gives what he cannot keep to gain that which he cannot lose".)


4 Kommentare:

  1. Wenn du die Verneinung aus "kein" durch "ein" ersetzt und dafür "der nicht losläßt" schreibst, wird es verständlicher... ;)

    Ja, die Reste, die Wenigen Dinge - wir leben im Überfluß. Nach dem Krieg waren 60m² mit drei Zimmern, Küche und Bad für vier Personen schon fast Luxus, auch noch Ende der Fünfziger. Viele Leute hatten nicht mal eine abgeschlossene Wohnung.

    Wenn ich heute am späten Nachmittag Schüler im Bus sehe, die erst gegen vier oder fünf Uhr aus der Schule kommen, dann denke ich mir, die sind abgekämpfter als mancher alte Mensch, die dürfen auch mal sitzen. Da können auch jüngere Erwachsene aufstehen. Auch in diese Richtung muß die Achtung des Anderen gehen - das wurde in der Kinderzeit meiner Eltern oft vergessen.

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    1. Hi Wolfram, deine Änderung, die du vorschlägst, führt tatsächlich NICHT zu der Aussage, die gemeint ist. Jim Elliot hat Reichtum und finanzielle Sicherheit verlassen um in den Dschungel zu gehen. Er wurde von seinen Freunden und Verwandten ein "Narr" genannt. Daraufhin hat der diesen Spruch geprägt.
      Ich habe trotzdem mal nach der Übersetzung im INet nachgesehen und etwas genauer ausgedrückt.

      Meine Aussage, dass wir als Kinder aufstehen sollten, wenn Erwachsene keinen Platz bekamen, wollte ich auch NICHT so verstanden haben, dass man als Kind immer den Erwachsenen den Vorteil geben müsse. Auf gar keinen Fall wollte ich das ausdrücken.
      Ich wollte diese Aussage eher im Zusammenhang verstanden wissen: Das man aufeinander achtet und versucht tiefer zu schauen, als an der Oberfläche.

      Inzwischen habe ich auch eher eine Ahnung, dass diese Regelung damals NICHT nur der Ehre der Erwachsenen galt. Denn mir persönlich fällt z.B. mit zunehmendem Alter das längere Stehen schwer. Wenn ich eine halbe Stunde nur stehen muß, dann fühle ich mich mindestens so geschafft, wie ein Kind nach einem langen Schultag. Während ich als Kind und auch als Jugendlicher keine Probleme damit hatte, lange Zeit zu stehen. Und damals hätte ich es auch nicht anders verstehen können, warum ich es machen sollte, als eben dazu, um dem Erwachsenen die nötige Ehre zu erweisen.

      So denke ich, man sollte den eigenen Kindern schon versuchen zu vermitteln, dass man als älterer Mensch nicht mehr so gut kann, wie ein junger Mensch. Und dass man im Miteinander, wo auch immer, aufeinander acht geben sollte. Vielleicht auch nachfragen, was der Nächste braucht und auch beim zuhören versuchen, dahinter zu schauen.
      Es gibt zwar Erwachsene (und auch Kinder), die meinen, alles müsse sich um sie selbst drehen. Aber deshalb sollte man nicht alle Menschen nur nach dem, was sichtbar ist, beurteilen.

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    2. Hm. Diese Formulierung "der ist kein..., der..." ist im Deutschen nicht sehr glücklich. Aus dem Zusammenhang wäre wohl besser, "man ist kein Narr, wenn man gibt/losläßt/..."

      Zum Rest besteht Einigkeit.

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    3. Mir gefällt und spricht aber gerade dieser Wortlaut an, weil er persönlicher ist. Ich habe darum einfach, zum besseren Verständnis für die, die Englisch können, den Original-Text beigefügt. Liebe Grüße und danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, es zu verstehen. :-)

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