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Donnerstag, 8. November 2012

Judas Iskariot, der Verräter

Es gibt wohl kaum einen Menschen, der Judas nicht verurteilen würde, wenn er nach seinem Urteil gefragt würde. Bei dem Bericht in der Bibel über ihn sind natürlich auch Merkmale, die man, oberflächlich gesehen, nur verurteilen kann. Wenn man aber hinter diesem ganzen Geschehen mal versucht, den Menschen zu erkennen und möglicherweise nach Auslösern für seine Taten ausschaut, dann kann man sein Tun auch von einer ganz anderen Seite betrachten ... und möglicherweise auch Merkmale erkennen, die einem sehr bekannt vorkommen.

Judas war einer der Jünger Jesu, der am engsten an ihm dran war. Judas verwaltete die Kasse des Teams. Ein Posten, der Macht beinhaltet. Macht war möglicherweise der Fallstrick für Judas. Er selbst bevorzugte Macht, indem er sich aus der gemeinsamen Kasse bediente und er erwartete vielleicht auch von Jesus, dass dieser seine Macht auch so zeigte, dass sein Volk insgesamt davon profitiert. Judas war Zeuge von unzähligen Wundern, die alle Jesus Macht zeigten. Vielleicht wurde Judas auch langsam ungeduldig, dass nichts von dem geschah, was eigentlich alle erwarteten.

Ich glaube nicht, dass Judas klar war, dass Jesus wirklich sterben mußte. Ebenso, wie keiner der übrigen Jünger das wirklich verstand. Was man auch daran erkennen kann, dass sie alle nur total verwirrt waren, als Jesus dann doch tot war.

Vielleicht wollte Judas Jesus auch nur herausfordern. Möglicherweise hat er mehr an Jesus Macht geglaubt, als es die anderen taten.  Vielleicht so, dass Jesus, wenn er angegriffen wird, endlich zeigt, dass ihn keiner wirklich besiegen kann. Schließlich hat sogar Petrus den verrückten Versuch gemacht, als Einzelner gegen eine ganze Soldatenschar anzutreten, indem er einem Soldaten das Ohr abschlug. 

Judas hatte vielleicht einfach eine falsche Vorstellung von dem Auftrag Jesus ... wie die meisten Menschen, die die Reden von Jesus gehört haben. So viele Zeichen haben doch gezeigt, dass Jesus der versprochene König sein würde (der die Römer besiegen würde?) Vielleicht brauchte Jesus nur mal eine echte Herausforderung?

Warum denn war Judas nach Jesus Tod sonst so verzweifelt, dass er Selbstmord begangen hat?

Wenn man nun darauf hinweist, dass an manchen Stellen beschrieben wird, dass der Satan in Judas fuhr, dann mag man sich vielleicht daran erinnern, dass Jesus auch an einer Stelle zu Petrus so etwas sagte, wie: "der Satan spricht aus dir". Das war da, wo Petrus Jesus davon überzeugen wollte, dass es nicht richtig sei, dass Jesus sterben sollte. Wenn Judas in Jesus auch nur die menschlichen Aspekte der Macht erkennen konnte, dann war seine Intuition der des Petrus sehr ähnlich. Und bei dem "Einzug in Jerusalem" von Jesus hat man gemerkt, dass die meisten seiner Anhänger genau diese Erwartung an Jesus Auftritt hatten. 

Nur schritt Judas zur Tat und tat nebenbei noch etwas für sein Hobby: Geld sammeln. Vielleicht hat er sogar gedacht: ich schröpfe jetzt die Pharisäer ein bisschen und dann werden sie schon sehen, was sie davon haben.  

Vielleicht war darum noch nicht einmal sein Kuss darauf abgezielt, ihn damit zu verraten. Vielleicht hat er den sogar wie ein Augenzwinkern verstanden, so mit der heimlichen Aufforderung: jetzt zeig's denen doch mal, was du drauf hast. 

Es kam alles anders, als Judas gedacht hat. Und er war entsetzt darüber. So sehr, dass ihn  das Geld auch nicht mehr interessierte und so sehr, dass er den Sinn für sein Leben verlor.

Ist Judas Handeln nicht bei diesem Hintergrund menschlich verständlich? 

Macht ist der Ausgangspunkt für vieles Böse. Macht ist eine gefährliche Waffe. Denn sie kann sich auch verstecken hinter scheinbar guten Taten und unmerklich hilfsbedürftige Menschen in eine Richtung zwingen, die eigentlich nur dem Machthaber dient. Und wenn die Macht einmal gewirkt hat, dann fängt das Feuer erst an zu lodern und wird immer größer. Es frisst unbarmherzig alle, die sich nicht dem eigenen scheinbar "Guten" unterwerfen  und dient letztendlich nur dazu, dass alle Beteiligten dem Machthaber dienen.

Jesus hatte auch Macht. Aber wenn man genau hinschaut, kann man erkennen, dass er seine Macht ganz anders genutzt hat, als Menschen es allgemein tun. Er hat sich auf die gleich Stufe begeben, wie diejenigen, die "unten" waren und nicht in die Gesellschaft passten. Und er hat sie geheilt und ihnen gezeigt, dass er sie so liebt, wie sie sind - mit ihren Schwächen und Fehlern. Der Rat, den er oft gegeben hat: ..."sündige hinfort nicht mehr" ... der war zu Schutz von denen gedacht, die von der Gesellschaft als "Sünder" abgestempelt und geächtet wurden. Denn sie mussten weiter leben in genau dieser Gesellschaft. Und mit der Sündenvergebung hat Jesus den Einzelnen von den Schuldgefühlen befreit, und sie aufrecht gehen lassen.  

Ich glaube, dass auch ein Judas im Himmel Gottes Gnade erfahren wird. Deshalb, weil Gott das Herz beurteilt. Und deshalb, weil er eigentlich nicht der Einzige war, der so gedacht hat wie er dachte.

Für mich ist diese Sicht von dem großen Fehler des Judas eher verständlich als die verurteilende und ausgrenzende Version. Ich erhebe natürlich keinen Abspruch auf Vollkommenheit. Jeder darf sich seine Gedanken so machen, wie er halt "gestrickt" ist. Aber vielleicht kann ja so mancher auch Merkmale erkennen, die das Verhalten des Judas barmherziger beurteilen - und damit vielleicht auch barmherziger werden zu manchem armen Sünder, der allgemein als "Abschaum" betrachtet wird.

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