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Dienstag, 25. Juni 2024

Vergangene Zeiten ...Eintrag vom 07.03.2013 über Datumsänderung in die Ära "Erinnerungen" gezogen

Sammy  hat in ihrem Blog zwei Videos über die deutsch-amerikanische Freundschaft gestellt, aus Zeiten, wo die US-Army noch hier in DE stationiert war.
Ich habe mir die Video's vorhin angeschaut und mir kommen so manche Gedanken, Erinnerungen an fast vergessene Zeiten von denen ich jetzt, im Nachhinein, manches besser verstehen kann.

Begonnen hat diese Ära ja in den Kriegsjahren. Und ich bin ein Kind der Nachkriegszeit. Es wurde gesagt, dass die Kinder der 80er-Jahre schon nicht mehr viel mit den Erfahrungen der Leute aus den Kriegszeiten anfangen konnten. Für mich waren sie immer sehr nahe, da meine Eltern, besonders meine Mutter, sehr viel aus dieser Zeit erzählt hat, z.B. über Ängste, Hunger, Sehnsüchte und Hoffnungen.

Wir Kinder meiner Eltern (sechs an der Zahl) sind durch dieses Geschehen in der Vergangenheit, besonders dem Kriegsgeschehen, meiner Eltern auf irgendeine Weise mit geprägt worden. Meine Mutter hat z.B. sehr viel Angst gehabt vor allen möglichen und unmöglichen Gefahren. Diese Ängste haben, so denke ich, uns alle durch die Jahre begleitet und mehr oder weniger unser Verhalten zu anderen Menschen geprägt. Anderseits aber auch die Dankbarkeit für Menschen, die unsere Lebens-Verhältnisse verbessert haben.

Die Jahre, nachdem ich von zu Hause ausgezogen bin, habe ich oft und sehr viel über das Verhalten meiner Mutter nachgedacht. Ich habe immer gespürt, dass sie es eigentlich besonders gut machen wollte aber es schlecht bis überhaupt nicht vertragen konnte, wenn jemand sie kritisierte. Irgendwie habe ich lange Zeit über ihr Leben nachgedacht, auf der Suche nach den Guten, das sie eigentlich tun wollte, was ihr aber irgendwie nicht wirklich gelungen zu sein schien.

Dann kam eine Zeit, wo ich ziemlich sauer auf sie war, weil ich nun an mir selbst spürte, dass vieles von ihrem Verhalten auf mich zum negativen gewirkt hat. Aber meine beiden Eltern sind vor 9 Jahren gestorben und darum denke ich, ich sollte sie auch, mit ihrer und meiner Vergangenheit loslassen.

Die Zeiten des Krieges, welche meine Eltern stark geprägt haben, stehen in einem sehr krassen Gegensatz zu den Zeiten, in denen wir heute leben. Mir scheint, man kann nicht wirklich mehr eine Verbindung finden, die beide Zeiten zusammenbringt. Gerade in dem Neuen liegen Chancen, altes loszulassen und die Ressourcen, die vorhanden sind, auszuschöpfen.

Mein (inzwischen Ex)Mann  ist sogar mitten im Krieg geboren, 1941. Seine Mutter hat immer erzählt, dass er als Zwilling als Einziger überlebte, aber so winzig war, dass er in eine Zigarrenschachtel passte. Jemand im Krankhaus habe zu ihr gesagt, solch ein Kind könne man gleich wegwerfen, es taugt nicht zum Leben. Sie habe es aber Tag und Nacht herumgetragen in Watte eingepackt und er hat es überlebt.

Ja, ein bisschen kann ich da natürlich auch verstehen, dass sie gerade dieses Kind besonders an sich gebunden hat. Zunächst aus Sorge, dass er in der bösen Welt untergehen könnte. Später hat sie oft ihre Geschichte als Begründung genutzt, dass sie von ihrem Sohn Dankbarkeit erwartete, für alles, was sie für ihn getan hat. Sie hat ihn verkorkst. Und die schlechten Voraussetzungen als er noch ein Baby war, haben sicher das Ihrige dazu getan. Und ich, selbst in immer währenden Umbruchssituationen, konnte damit überhaupt nicht umgehen. Wir konnten beide nicht wirklich miteinander umgehen. Immerhin haben wir es 20 Jahre lang geschafft ... mehr oder weniger schlecht.

Jeder Mensch ist geprägt von seiner eigenen Zeit. Und wenn dann die verschiedenen Welten aufeinander prallen, dann gibt es Scherben.

Nein, die Schuldfrage und die Frage, was wer falsch gemacht hat, bringt da nicht weiter. Das habe ich inzwischen auch bemerkt und kann deshalb abschließen mit den Dingen der Vergangenheit, um meine eigenen Erfahrungen mit meinen eigenen Möglichkeiten zu suchen und zu finden.  Jede zeit hat ihre eigene Last, aber auch ihre eigenen Chancen. Wir können nur dann aus dem Vollen schöpfen, wenn wir die Chancen, die wir haben, auch nutzen - anstelle den verpassten Möglichkeiten und das was wir nicht hatten, nachzuweinen.

Ich glaube, im Menschen ist es einfach so drin, dass er immer bei den negativ empfundenen Dingen nach dem Schuldigen sucht. Man meint, wenn man den Verantwortlichen findet, kann man das Negative irgendwie abgeben und dann erst das positive finden. Aber das meiste, was wir erleben, ist eine Folge unseres eigenen Tuns. Ob unser Tun eine Aktion oder nur eine Reaktion ist, davon sind die Möglichkeiten nicht abhängig.

Und Gott? Er hat den Menschen geschaffen. Jeden so, wie er ist. Gott hat jeden Menschen in die ganz eigene Umgebung hinein gestellt und Chancen gegeben. Und er sagt: "Ich bin bei dir und will dir helfen".

Ja, ich weiss auch, dass es Menschen gibt, die an dem Leben scheitern, weil es ihnen tausendmal schlechter ergangen ist als mir. Darum will ich diese Erkenntnis auch zunächst nur auf mich und mein eigenes Leben beziehen. Aber vielleicht kann manchen, der sich an den ganzen Schuldfragen aufgehängt hat, ja meine Erkenntnis trotzdem helfen, die Schuldfragen loszulassen und seine eigenen, ganz persönlichen Chancen zu suchen und zu finden. Mein Rat dafür wäre nur: "Geh mit Gott, aber geh".  (nach dem Fallen nicht liegenbleiben)

Montag, 24. Juni 2024

Ergänzung zu Erinnerungen 014 - verlorene Schlüssel

 In der Zeit zwischen der Trennung von meinem Ehemann und der ofiziellen Scheidung vergingen 3 Jahre. In dieser Zeit hatte ich einen 1€-Job bekommen bei der FEG-Gemeinde, in der ich Mitglied war. 

Meine Arbeit bestand in einfachen Büroarbeiten und Gottesdienst-Vorbereitungen - wie zB PowerPoint-Präsentationen mit Lieder- und Bibeltexten für den Beamer. Um zur Gemeinde zu kommen, musste ich zu dem Zeitpunkt etwa 5 km mit dem Fahrad zum Gemeindehaus fahren - oder zu Fuß durch trockengelegtes Moorgebiet. An diesem Tag nahm ich den Weg zu Fuß durch's Moor.

Wir waren gerade aus der jahrelangen Familienwohnung ausgezogen in ein anderes Wohngebiet, und ich hatte ein neues Schlüsselbund  vom Vermieter erhalten. Daran waren drei Haustürschlüssel und ein Briefkastenschlüssel. Der Vermieter hatte gesagt, ich solle mir den Briefkastenschlüssel noch nachmachen lassen, falls ich einen verliere. Das hatte ich geplant in der kommenden Woche. Zwei der Haustürschlüssel bekamen meine Kinder und einer davon landete, zusammen mit dem Briefkastenschlüssel an meinem Schlüsselbund. 

Als ich am Nachmittag wieder zur Wohnung zurück kam, stellte ich mit Entsetzen fest, dass mein Schlüssel irgendwo unterwegs verloren gegangen sein muss. Haustürschlüssel waren ja trotzdem noch vorhanden. Obwohl ich ja auch die gleiche Anzahl Schlüssel bei Mietende wieder zurück geben müsste. Schlimm war in dem Moment aber, dass es nun keinen Schlüssel für den Briefkasten mehr gab. Und das, während ich ja öfter einen Brief vom Amt bekam mit Aufforderungen, die ich erfüllen musste. 

Also beschloss ich, den ganzen Weg durch's Moor zurück zu gehen, um die Schlüssel zu suchen. Eine Freundin nahm sich die Zeit, mir bei der Suche zu helfen. Wir haben alles am Wegrand abgesucht und ich habe gebetet, dass Gott mich doch bitte den Schlüssel finden lassen möge. Und ich habe ja auch zaghaft geglaubt, dass ich sie finden würde, mit Gottes Hilfe. Aber nichts dergleichen geschah. Und ich war verzweifelt und habe gezweifelt an Gott... weil ich mir die Folgen schon ausmalte, was der Vermieter dazu sagen würde.

Aber erst einmal ließen wir einen Tag vergehen ... und auch noch den nächsten, an dem wir bis zum Abend überlegten, wie wir zuerst einmal einen passenden Briefkastenschlüssel finden sollten. 

Gegen Abend klingelte es an der Wohnungstür, und davor stand unser Vormieter, der nur ein Hochhaus weiter umgezogen war. Ich hatte ihm den Wohnzimmerschrank noch abgekauft, den er  also nicht mit umziehen musste. Von daher hatten wir uns schon länger miteinander unterhalten. Jetzt stand er da und sagte, er hätte in seiner Jackentasche noch einen Wohnungsschlüssel gefunden - mit einem Briefkastenschlüssel. Den gab er uns und verabschiedete sich ..... und ich war platt ... erstaunt ... erfreut ... erschüttert. 

Diese Erfahrung hat mein Vertrauen in Gott sehr gestärkt. Gerade deshalb, weil mir hier klar wurde, dass etwas unmöglich scheinendes bei Gott nie unmöglich ist. 

Sonntag, 23. Juni 2024

Ergänzung zu Erinnerungen 012/013 - Freunde finden

Nach dem Umzug in den neuen Wohnort nach der Heirat fühlte ich mich oft ziemlich alleine.  Obwohl es dort ziemlich viel Verwandtschaft meines Ehemanns gab, gab es nicht das Gefühl, ich wäre unter Menschen, die mir nahe stehen. 

Auch in der Gemeinde fühlte ich mich alleine. Manchmal wurde ich höflich gefragt, ob ich mich eingelebt hätte. Aber so richtig warm wurde ich mit niemandem. 

Irgendwann, als meine Kinder im Kleinkindalter waren, habe ich zu Gott gebetet, dass ich das so nicht mehr lange aushalten würde. Ich bat Gott, mir einen Menschen zu schicken, zum Austausch und treffen miteinander. 

Ich weiß nicht mehr, wie lange es dauerte, bis ich ins Gespräch mit einer Mutter kam, die auch Kinder im gleichen Alter wie meine Kinder hatte. Sie war neu zugezogen in den Ort und wohnte nur etwa 500m entfernt von uns.

Wir trafen uns in einer neu gegründeten Mutter-Kind-Gruppe der Gemeinde, zu der wir gehörten und kamen ins Gespräch, merkten, dass wir gleiche Interessen hatten und trafen uns dann auch abwechselnd in unseren Wohnungen. Sie erzählte, dass sie auch nach einer Freundin gesucht hatte - und wir verstanden uns beide als Gebetserhörungen und von Gott zusammengeführt. Es wurde eine Freundschaft, die bis heute angehalten hat. 

Anfangs haben wir oft zusammen Bibelstudium gemacht, mit den Konzeptblättern, die ich noch aus meiner Bibelschulzeit hatte. Irgendwann hatte dann eine Mutter mit Kleinkindern in der Gemeinde nach einem Hauskreis gefragt, weshalb wir Beide  überlegt haben, ob wir noch Mütter mit Kleinkindern  in unsere Zweier-Gemeinschaft einladen wollen. Wir luden also ein, wer danach fragte. Und so entstand ein Vormittags- Hauskreis für Frauen mit Kindern, der abwechselnd in unser beider Wohnungen stattfand. Die Besucher wechselten immer mal - wenn jemand ging oder neu dazu kam. In den höchsten Zeiten waren es 10 Mütter und etliche Kinder.

Wir hatten ein ganz lockeres Konzept.... oder meistens einfach gar kein Konzept. Es wurde Tee und ein bisschen Knabberzeug/Obst angeboten, so dass erst einmal nur Austausch über Fragen und Probleme im Alltag stattfand. Und manchmal ergab sich schon daraus ein Thema, worüber wir sprachen. Oder wenn sich nichts ergab und sonst kein Thema anlag, nahmen wir als Grundlage einfach die Losungen der "Herrnhuter Brüdergemeine". Irgendwas fiel uns immer ein und es war immer harmonisch und aufbauend. 

Andere Hauskreis-Leiter haben zwar auf unseren Kreis herabgeschaut und gemeint, wir dürften ihn nicht zu den Hauskreisen der Gemeinde zählen. Aber das wollten wir auch gar nicht. Denn es kamen auch Leute, die nicht aus unserer Gemeinde waren zu uns.

 Dieser Kreis bestand über 11 Jahre lang. Bis dann die einige Mütter wieder in den Beruf zurück gingen und auch meine Freundin wieder arbeiten gehen musste. 

Montag, 18. März 2024

Erinnerungsplitter - Sammelsurium ... wird ab und zu aktualisiert, mit neuen Anekdoten

 Manchmal, so einfach im Laufe eines Tages, kommen mir Erinnerungen an vergangene Zeiten. Weil es immer nur kleine Dinge sind, lohnt es sich nicht, dafür eine ganze Seite zu beschreiben. Darum mache ich hier jetzt einfach mal ein Sammelsurium auf, das ich je nach Bedarf ergänze. Dabei numeriere ich die einzelnen Einträge, damit man die neuen besser findet.


1. In meiner Kindheit, und die ganze Zeit, die ich noch in meinem Elternhaus lebte, war es für  alle Familienmitglieder immer selbstverständlich, dass wir niemals raus gingen (einkaufen, spazieren, zur Arbeit, zur Schule etc.), ohne vor Öffnung der Haustüre zu beten, um Bewahrung und Gottes Begleitung zu bitten für unterwegs. Ich fühlte mich dabei beschützt und nie alleine.

Das war kein Zwang, sondern einfach ein Ritual, das wir alle selbstverständlich übernommen haben. Jetzt im Rückblick denke ich, es ist schade, dass ich dieses Ritual nicht auch in meine eigene Familie übernommen habe. 


2. Bei uns zu Hause wurde viel gesungen. Nicht perfekt, aber von Herzen. Als ich dann mit 20 Jahren aus meinem Elternhaus auszog, war Musik und singen ein Pol, an dem ich immer ein Stückchen Heimat empfand. Auch wenn wir Geschwister uns später mal bei meinen Eltern trafen, war es genau dieser Pol, der mir Geborgenheit vermittelte. Jeder meiner (5) Geschwister hat sich später ganz individuell entwickelt. So dass wir teilweise nicht mehr so viel gemeinsam hatten. Aber da, wo wir miteinader Lieder sangen, hat uns dieses (meinem Empfinden nach) verbunden. Auch Gott hat mich auf dieser "Schiene" oft erreicht, wenn ich Fragen zum Glauben und für das Leben hatte. 

Ein bisschen lästig ist allerdings geworden, dass ich inzwischen fasst immer "singe" - egal was ich tue. Wenn ich nicht gerade mit jemandem rede oder in einer Gruppe bin. Ich "atme" dann praktisch immer die Melodie vor mich hin.... also nicht laut und unsichtbar. Aber wenn man in meiner Nähe ist, kann man es hören. Meine Tochter hat mir schon mal gesagt, es sei peinlich.... also hat sie es auch gehört.😉

Ich mag inzwischen gerne auf  "Youtube" eine Gemeinschaft, Musikverlag aus den USA, die inzwischen schon hunderte von Liedern (meist Gospel) als Video veröffentlicht haben. Meistens mit Filmen von Auftritten der Chöre und Gruppen, Konzerten. So manche Abende habe ich schon stundenlang (mit Kopfhörern) solche Konzerte angeschaut, und fühle mich inzwischen schon fast dazugehörig. Die Sänger singen meistens mit einer Begeisterung, dass ich denke, sie leben das Singen - die Musik sind sie selbst. Und mit ihnen kann ich mitfühlen. Auch wenn ich nicht immer alle Texte perfekt verstehe - ich kann sie fühlen. 😇

Falls mal jemand reinhören und anschauen will: es geht um diesen Kanal ... Gaither Music


3. Beim Brot schneiden fällt mir immer ein, dass es mein Vater war, der es mir beigebracht hat, dass die Scheiben schön gerade und die richtige Stärke haben. Zumindest habe ich es bei ihm erst kapiert. Genauso hat er mir auch gezeigt, wie man die Taschen so packt, dass möglichst viel reinpasst und nichts dabei kaputt geht. 

Ich erinnere mich, dass ich das später manchmal auch gesagt habe, was ich von meinem Vater gelernt habe. Dann war meine Mutter oft fast beleidigt, weil sie meinte, sie habe diese Dinge mir doch viel öfter gezeigt, als mein Vater. Aber bei ihr habe ich es eben nicht wirklich kapiert. Ich wusste nur immer, dass ich es falsch machte.

Und daran lag es wahrscheinlich auch. Weil meine Mutter immer erst viel darüber redete, wie man es nicht machen sollte. Und wenn sie dann sagte, wie es richtig sein soll, dann ging das hinter dem ganzen Falschmeldungen unter. Während mein Vater immer ganz praktisch, mit wenig Worten aber indem er es vormachte, zeigte. 

Als ich schon Kinder hatte und meine Eltern mal besuchte, in einem Ort den ich noch nicht kannte, erinnere ich mich, dass es mir einmal genauso ging, so dass mir der Schwachpunkt dabei erst richtig auffiel. Da hatte meine Mutter mir nämlich einen Weg beschrieben, den ich gehen sollte um zu einem bestimmten Ziel zu kommen.  Dabei erzählte sie soviel von den Wegbiegungen, die dazwischen lagen, die ich aber nicht nehmen sollte, dass ich mich unterwegs nicht mehr erinnern konnte, wie nun der richtige Weg war und prompt auch den falschen Weg nahm.

Dienstag, 31. Oktober 2023

Erinnerungen zu Zeitabschnitt 003 - ein halbes Jahr in Kiel

 

Als ich 13 Jahre alt war, habe ich ca. ein halbes Jahr bei meiner Oma in Kiel gewohnt und bin dort auch in die Schule gegangen. Es war die Hardenberg-Schule in der Hardenbergstraße. Das war nur etwa 500 m von der Wohnung meiner Oma (und meiner Tante) entfernt.

In dieser Schule wurde ich ein bisschen wie eine eine Exotin behandelt. Und das habe ich auch ein bisschen genossen. Bin dort selbstbewusster aufgetreten als in meiner Heimatstadt.


Mein Klassenlehrer (Herr Rasmus) dort war der Musik sehr zugetan. Im Klassenzimmer stand ein Klavier, und wenn es dem Lehrer gerade danach war, dann setzte er sich mal eben ans Klavier und mischte die Stimmung merkbar damit auf. Das war für mein Empfinden ganz einzigartig und toll.

In der Musikstunde wurden dann auch die einzelnen Stimmen angehört, mit dem Lied „Die Gedanken sind frei“

Auch ich wurde ausgewählt, um das Lied vorzusingen. Und der Lehrer sagte, ich hätte eine schöne Stimme, woraus man etwas machen könnte.


Ich hatte dort zwei Freundinnen. Eine wohnte im gleichen Haus wie wir, ein Stockwerk unter uns. Sie hieß „Petra“. Ihr Vater war Polizist. Die andere war eine Klassenkollegin und hieß „Erika“. Auch ihr Vater war Polizist.


Erika gehörte in der Klasse eher zu denen, die am Rand stehen. Ich habe mich selbstbewusst zu ihr gestellt. Wir haben in den Pausen noch Spiele gespielt, während die anderen Mädels eher in Gruppen zusammenstanden und auf uns herabschauten. Damals war es an der Zeit, dass Mädels ab einem bestimmten Alter „Perlonstrümpfe“ tragen durften. Wann sie das durften, wurde von den Eltern bestimmt. Erika und ich gehörten zu denen, die noch Söckchen trugen im Sommer und im Winter Wollstrumpfhosen.

Ich erinnere mich an einen Tag, wo wir Schwimmunterricht im Hallenbad hatten. Wir standen noch in eine Reihe von Mitschülern und warteten, dass unser Lehrer uns unseren Spind zuordnete, als irgendwelche Schüler am Anfang der Reihe plötzlich anfingen, Erika zu verspotten, weil sie Söckchen trug. Ich überlegte einen Moment und lief dann auch nach vorne und rief: ich trage auch Söckchen – und jetzt könnt ihr mich auch auslachen. Und da war es plötzlich still. Keiner sagte mehr was. Ich war dann irgendwie stolz, dass ich es gewagt hatte.


Petra war zwei Jahre jünger als ich. Wir wohnten in einem Block in einer Blocksiedlung, die um einen Innenhof aufgebaut waren, in dem noch ein paar Blocks standen. In den Gängen des Innenhofs konnte man gut Verstecken spielen. Mit ein paar weiteren Kindern aus dieser Siedlung waren wir eine richtige Rasselbande. Wir haben zusammen oft „Räuber und Gendarm“ gespielt. Wobei wir dann durch die Gänge tobten, was so manchen Erwachsenen Anwohnern zwar nicht gefallen hat. Aber das hat uns nicht gestört. Neben dem Grundstück war noch eine halb verfallene Ruine. Dort durften wir zwar nicht spielen, weil es zu gefährlich sein sollte. Aber wir haben es trotzdem manchmal getan.


Ich hatte für das Hallenbad, das mehr als 4 km von unserer Wohnung entfernt war, eine Dauerkarte, so dass ich immer wenn ich Lust hatte, auch alleine ins Hallenbad gehen konnte. In der Zeit habe ich schwimmen gelernt. Das war überhaupt der Grund, warum ich nach Kiel geschickt wurde. Weil der Orthopäde festgestellt hatte, dass ich eine sehr schwache Wirbelsäule hatte - weil schwimmen als Stärkung der Wirbelsäule galt. Ich hatte auch zur Stütze ein Korsett, das ich täglich tragen sollte. Einmal, als wir Schwimmunterricht von der Schule aus hatten, hatte ich vergessen, das Korsett an diesem Tag zu Hause zu lassen. Es war mir zu peinlich vor den anderen Kindern, mich umzuziehen. Deshalb sagte ich der Lehrerin, dass ich diesmal nicht mitmachen könnte. Sie meinte dann, ich könnte das Korsett ausziehen, während sie dabei wäre. Und so wurde es nicht peinlich, weil es von der Lehrerin unterstützt wurde. Es war nur wieder einer der Punkte, der mich zu einer Exotin abstempelte. Aber das habe ich dann auch nicht negativ empfunden.


In meiner Erinnerung war diese Zeit bei meiner Oma für mich ein Ort, an dem ich mich besonders geborgen gefühlt habe. Ansonsten war der Begriff „Geborgenheit“ für mich eher so etwas wie ein Märchenland oder ein Paradies, von dem man vielleicht träumen kann – aber es nie wirklich erreicht. Warum das so war – keine Ahnung. War einfach ein Gefühl, an das ich mich in dem Zusammenhang erinnere.