Garmisch-Partenkirchen, am Fuß der „Zugspitze“ war mein nächster
Wohnort. Dort gab es ein 300 Jahre altes Haus in der Zugspitzstraße,
das der DIM gehörte. Das Ziel der Standorte der DIM war
Gemeindegründung. So gab es in GAP eine Teestube, in der man sich in
verschiedenen Gruppen traf, und im ersten Stock ein paar Schlafzimmer
und eine Küche, für Freizeiten, die ab und zu dort stattfanden.
Am häufigsten waren
Seniorentreffen. Die trafen sich zu Kaffee und Kuchen, und einer
Andacht. Es gab eine Kartei über Besucher, die irgendwann mal dort
waren. Und ich hatte u.a. die Aufgabe, Leute zu besuchen, die schon
länger nicht zu den Treffen gekommen sind. Die ersten Male ging ich
mit meiner Schwester zusammen, später alleine. Ich sollte einerseits
missionieren – und gleichzeitig zu den Treffen einladen. Lief bei
mir erst etwas holprig und schwierig. Aber dann gefiel es mir sogar,
weil ich „den Bogen raus hatte“, wie man den Einstieg formulieren
kann, um ins Gespräch zu kommen. Es gab auch ein paar Leute, die
weiter weg wohnten, aber schon bei den Treffen dabei waren – die
wir dann mit dem Auto meiner Schwester gemeinsam besuchten.
Ansonsten gab es
einiges im Haushalt zu tun: Kuchen backen für die
Senioren-Nachmittage und Snacks und Tee für die Teestuben-Abende,
mit der jüngeren Generation. Außerdem auch Vorbereitung und
Aufräumen für die Freizeiten und sonstige Gäste, die über Nacht
blieben. Es kamen auch gerne mal ein paar Leute über das Wochenende,
zB aus Siegen, dem Sitz der DIM – wo meine Schwester am Anfang auch
stationiert war.
Alles in Allem war
es eine interessante Zeit, die etwas lockerer lief, weil alle
Beteiligten eher locker drauf waren.
Zu Ostern gab es
dann ein Mitarbeiter-Treffen am Schönberger Strand, wohin ich dann
mitgenommen wurde, zu meinem nächsten Einsatz.
Der war dann
überwiegend in der Küche und bei der Hausarbeit und Bedienung für
die Gäste. Es gab dort noch ein paar andere Mädels, die etwas
jünger als ich waren, und so etwas wie ein „Soziales Jahr“
machten … oder wie es hier genannt wurde: „Ein Jahr für Gott“.
Wir wohnten die meiste Zeit zu viert in einem kleinen Raum, mit zwei
Doppelstock-Betten. Es gab in diesem Gästehaus aber ohnehin nur
Mehr-Personen-Zimmer, weil meistens nur kleinere Gruppen dort
Freizeiten veranstalteten.
Meine Aufgaben als
Praktikantin für Mission waren dann auch etwas erweitert, gegenüber
denen, die ein soziales Jahr machten. Mir wurden die Kinderstunden
zugeordnet, und bescheinigt, dass ich es „gut“ mache. Der Pastor
einer Familienfreizeit behauptete, er würde noch nicht einmal seine
Konfirmanden dazu bewegen, so viele (Lied-)Texte auswendig zu lernen,
wie ich es mit den Kindern machte.
Es gibt etliche
Eindrücke aus dieser Zeit, an die ich mich heute noch erinnere.
Besonders aber auch, dass es einen Koch dort in der Küche gab, in
den ich mich verguckt hatte. Und so wie es schien, auch er in mich.
Wir haben aber ständig miteinander nur „durch die Blume“
miteinander geblödelt, nie Klartext geredet. Dabei schien es allen,
die mit uns dort arbeiteten, so klar, dass sie sich öfter mal
einmischten, uns versuchten zu provozieren, dass wir doch mal „Nägel
mit Köpfen“ machen sollten. Aber am Ende der Zeit ging ich wieder
– und es blieben schöne Erinnerungen.
Einmal hat eine
Familienfreizeit-Gruppe uns alle zu einer Tagestour nach Helgoland
eingeladen. Das war noch zu einer Zeit, als es direkt nach Helgoland
keinen Anleger gab. Unser Schiff warf den Anker ein paar hundert
Meter vor der Insel, und wir wurden in Motorboote verfrachtet, die
uns dann an Land fuhren. Das war ein Tag, an dem ziemlich hoher
Seegang war, auf der Hinfahrt. Die meisten Passagiere waren seekrank
und hingen spuckend (kotzend) über der Reeling. Ich habe die ganze
Zeit drauf gewartet, dass es mir auch schlecht geht – aber ich habe
gar nichts gespürt … war also seefest.
Einmal sind wir in
der längeren Mittagspause mit dem Koch in seinem Schlauchboot ein
wenig weiter raus auf die Ostsee gefahren. Ich konnte zwar schwimmen,
aber fühlte mich in tiefem Wasser nicht so wirklich sicher. In der
Mitte auf See alberten die anderen so toll herum, dass ich Angst
hatte, ins Wasser zu fallen. Als es dann so doll wurde, bin ich dann
einfach selbstständig über Bord gegangen, um zurück zum Strand zu
schwimmen. Vom Ausgangspunkt kam es mir gar nicht so weit vor. Aber
als ich dann unterwegs war, schien der Weg unendlich zu sein. Ich
habe mir immer wieder selbst zugeredet, langsam und ruhig zu atmen
und mich zu bewegen … und habe es dann tatsächlich geschafft…
bin schnaufend in den Sand gefallen und mich erst einmal erholt.
Aber danach habe ich solch eine Bootstour nicht wieder gemacht.
Meine letzten zwei
Wochen dort wurde ich als „Aufsicht“ alleine mit den Mädels im
leeren Gästehaus gelassen. Ich weiß nicht mehr, was genau wir in
der Zeit gemacht haben. Ich habe jedenfalls für uns gekocht und ein
bisschen organisiert. Eines Tages kam ein Mann an die Tür, der
sagte, er käme aus der Nachbargemeinde und kennt die Mitarbeiter der
Mission. Wir haben ihn reingelassen, weil er anfangs ganz manierlich
zu sein schien. Aber im Laufe der Gespräche wurde er immer
komischer, redete so, als wenn er Jesus sei, und steigerte sich so
sehr, dass wir tatsächlich Angst bekamen. Wir haben dann einen
Mitarbeiter angerufen und gefragt, was wir machen sollten. Der hat
dann einen anderen Mann aus der Nachbargemeinde (Baptisten) dorthin
bestellt, der diesen Mann kannte. Der sagte, dass dieser Mensch, als
er ihn zuletzt getroffen hat, noch ganz normal gewesen sei. Jetzt
schien er immer mehr auszuticken. Der Helfer ist dann über Nacht im
Gästehaus geblieben, mit dem Randalierer, und hat am Morgen, als es
so schlimm wurde, dass eine Scheibe dabei zu Bruch ging, dafür
gesorgt, dass der Mann in die Psychiatrie abgeholt wurde.
Noch ein paar ruhige
Tage folgten … und dann ging mein Weg erst einmal wieder zu meinen
Eltern nach NRW … bis ich dann als „Missionskandidatin“
zunächst für eine Probezeit, nach Sinsheim (BUchenauerhof) zur Deutschen
Missionsgemeinschaft „DMG“ umzog.