Glauben bedeutet für mich u.a. Überwindung von Grenzen.
Um Grenzen überwinden zu können muss man diese erst einmal
wahrnehmen. Man kann nur etwas überwinden, was auch vorhanden ist.
Menschlich gesehen lieben wir unsere Grenzen überhaupt
nicht. Wir ignorieren sie deshalb oft und wollen so leben, als wenn es keine
Grenzen gäbe. Wenn sich dann doch die Grenzen, oft schmerzlich, bemerkbar
machen, dann resignieren wir oft und setzen uns nur klagend vor die Grenze und
warten darauf, dass die Grenzen unsichtbar werden. Wenn das nicht geschieht,
dann resignieren wir und ziehen uns vor den Grenzen zurück.
In meinem Glaubensleben erfahre ich immer mal wieder, dass
Grenzen überwindbar werden. Nicht so, dass sie verschwinden oder erweitert
werden, sondern eher in dem Sinne, wie ein Psalmbeter sagt: „Mit meinem Gott
kann ich über Mauern springen“.
Es funktioniert auch nicht so, wie ich es oft gerne hätte,
dass ich an meiner Grenze eine ganz große Kraft verspüre und dann in dieser
Kraft diese Grenze, Berge oder Mauern locker überwinde. Meist spüre ich gerade
dann, dass meine Kraft zu klein ist, um diese Mauer überwinden zu können. Oft geschieht
es an Grenzen, an denen ich feststelle, dass es notwendig ist, diese zu
überwinden – aber ich habe den Eindruck, ich werde irgendwann mittendrin
schlapp machen, weil mir etwas Wichtiges fehlt, was ich dazu brauche. Manchmal
sage ich dann zu Gott „du weißt ja besser als ich, dass ich diesen Weg gehen
muss, um da anzukommen, wo ich gerade hin muss. Mache bitte etwas draus und fülle du aus, wo
mein Mangel liegt.“
Staunen und Danken – das geschieht bei mir dann im Rückblick
– wenn ich hinter meiner eigenen Grenze stehe und erkenne, dass es funktioniert
hat und ich nicht davon kraftlos am Boden liege. Durch die Erfahrung der
Grenzüberwindung erhalte ich oft die Kraft und Freude am Ende der Überwindung.
Das ist ein Prinzip, das ich auch in vielen Geschichten der
Bibel erkennen kann. Da, wo Menschen mit Gott gehen, fordert Gott seine
Menschen oft auf, scheinbar unüberwindliche Grenzen zu überwinden. Das
Einsetzen der Kraft Gottes, die den Mangel ausfüllt, wird von den Menschen oft erst erkannt, wenn
sie mittendrin sind. Sie gehen dann tatsächlich aus im Glauben und tun
Schritte, bei denen sie sich normalerweise „zu lahm“ fühlen, um diese gehen zu
können. Aber sie gehen – und erfahren Grenzüberwindung genau im Angesicht der
Grenzen.
Ich habe ja schon kurz nach Weihnachten meinen Eindruck von
der Ärmlichkeit des „Christkindes“ geschildert. Und wenn ich nach dem Aspekt in
den Berichten über das Erdenleben von Jesus schaue, dann kann ich diese
Botschaft in den Predigten und in seinen Taten auch erkennen. Auch über dem Tod am Kreuz von Jesus steht diese Botschaft. Der Tod ist damit nicht
aufgehoben – aber er wurde überwunden. Und mit dieser Botschaft der Überwindung
der irdischen Grenzen, die uns Menschen
oft signalisieren wollen, dass da das Ende sei – zeigt Gott, dass er die
Grenzen gerade deshalb gesetzt hat, um mit seiner Kraft Grenzen zu überwinden.
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