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Sonntag, 2. März 2014

Wieder daheim

Nun bin ich wieder zu Hause, in meiner Wohnung. Mit dem schönen Ausblick, der nicht zu überbieten war, bis jetzt.

Wenn ich in alte Wohnorte zu Besuch komme, dann lasse ich gerne auch meine Gedanken spielen. Ich versuche mich zu erinnern an Gefühle und Gedanken zu Zeiten, wo ich zu früheren Zeiten an bestimmten Plätzen gewesen bin. Auch denke ich zur Zeit darüber nach, wie es wäre, wenn ich der Umstände wegen zu einem dieser Orte zurück sollte. Würde ich dort wieder heimisch werden?

Mein Fazit nach dieser Reise ist: Ich bin im Moment HIER zu Hause. Ich kann mir gerade nicht vorstellen, irgendwann mal wieder in einer der vergangenen Wohnorte zurück zu ziehen.  Aber das muss im Moment auch nicht sein. Mein Platz und meine Aufgaben zum Leben sind hier. Ob sie jemals anderswo sein werden, darüber muss ich mir im Moment keine Gedanken machen.

Es hat natürlich auch Gründe, warum ich manchmal doch darüber nachdenke. Meine Rente kann ich in zweieinviertel Jahren einreichen. Ich werde nicht jünger und merke schon jetzt manche Einschränkungen meiner Kraft, gegenüber früher. - Außer meiner Tochter gibt es hier niemanden, der zu meiner Familie gehört. Auch sonst gibt es keine Menschen, von denen ich wissen kann, dass sie da wären, wenn ich für die allgemeinen Dinge des Lebens Hilfe brauche. Es gibt keinen, der wirklich zu mir gehört - auf eine Weise, die sich nicht durch äußere Umstände ändert. Im Moment hat meine Tochter nicht vor, den Wohnort zu wechseln. Aber ich rechne auch nicht unbedingt damit, dass sie immer hier bleibt. Wenn es denn soweit käme, dass ich alleine ohne Familienangehörige hier bliebe, dann würde ich vielleicht irgendwo hinziehen, wo Leute von der Familie wohnen. Dabei kommen natürlich am ehesten die beiden besuchten Orte in Frage. Der erste, weil meine Geschwister dort wohnen und der zweite, weil meine Kinder dort wohnen. Wobei die Vielfalt mehr im ersten Ort vorhanden wäre. Aber wie gesagt: ich muss jetzt noch nichts entscheiden.

Jetzt habe ich noch ein paar Tage Urlaub, in denen ich einfach so zeitlos leben kann. Urlaub auf Balkonien ist angesagt. Und das genieße ich auch. Weil ich gerne mal für mich ganz alleine mit allem schludere: mit der Zeit, mit der Ordnung und den Wegen, wohin ich gehe. Einfach so leben, ohne Rechenschaft darüber ablegen zu müssen, warum ich dies oder das tue, bedeutet für mich "Freiheit".

Nundenn - eine gute Woche wünsche ich!

Donnerstag, 27. Februar 2014


So sah heute gegen 15 Uhr der Himmel über Buxtehude aus. Naja, einen kleinen Teil davon. Vom Balkon meiner Söhne gesehen. Was natürlich nicht vergleichbar ist mit dem Ausblick von meinem Balkon zu Hause. 
Bin gerade unterwegs  auf Spuren der Vergangenheit. Meiner Vergangenheit.
Ein paar Tage in meinem Geburtsort und ein paar Tage in dem Ort, wo ich verheiratet war. Welches der Heimatort meiner Kinder ist. 

Zuerst sind wir an der Elbe ein wenig gelaufen. Weil das Wetter gerade so schön ist.



In meinem Geburtsort, in NRW schien es mir, dass der Frühling dort schon weiter war als bei uns im Schwarzwald. Aber vielleicht habe ich die letzten Tage dort auch nicht mehr so genau hingeschaut. 

Zwischendurch treffe ich Freundinnen und heute Abend gehen wir als Familie (meine drei Kinder und ich)  miteinander essen. Das ist noch ein Geburtstagsgeschenk meiner Kinder. Und Samstag geht es dann wieder zurück in den Schwarzwald. Dort folgen noch ein paar Urlaubstage auf Balkonien. Mein Ausblick dort vom Balkon ist allerdings auch nicht zu überbieten. Zumindest bis jetzt nicht.



Donnerstag, 13. Februar 2014

Beziehungen

Manchmal bin ich etwas zwiespältig, in mir selbst. Wenn es um Beziehungen zu anderen Menschen geht. Einerseits möchte ich Beziehungen - aber nicht zu verbindlich. Und anderseits baue ich mir schon eine ganze Weile mein eigenes Zuhause, für mich ganz allein, das jetzt beinahe perfekt zu sein scheint - aber ich spüre, dass es nicht das ist, was ich brauche.

Als ich meinen Job hier im (kleinen) Ort anfing, war ich ganz neu hier. Das ist jetzt mehr als fünf Jahre her. Weil mein Job aber im öffentlichen Leben abläuft, dauerte es nicht lange, bis ich im Ort bekannt war. Das heißt, ich wurde von vielen unterwegs begrüßt und nach meinem Befinden mit der neuen Umgebung gefragt. Nicht lange danach schon wurde mir hier und da vermittelt, dass man sich freut, mich genau in diesem Job zu sehen. Das gab mir ein Gefühl des Angenommenseins und das reichte mir an Beziehungen aus.

Meine Söhne lebten die ersten vier Jahre hier auch noch mit mir in einer Wohnung und meine Tochter wohnt auch im gleichen Ort. Das gab mir natürlich auch ein gutes Gefühl, nicht alleine zu sein. Nun, vor gut anderthalb Jahren zogen meine Söhne gemeinsam wieder zurück in den Norden Deutschlands. Meine Tochter wohnt zwar immer noch hier. Aber natürlich hat sie auch ihr eigenes Leben, so dass wir uns nicht mehr so oft treffen. So versuchte ich bisher mit dem, was vorhanden war, das, was mein Zuhause sein soll, neu zu gestalten.

Die Menschen hier im Ort sind mir immer noch zugetan. Das hat sich sogar noch gesteigert. So dass ich schon ein paarmal gefragt wurde, ob ich im Rentenalter (in zweieinhalb Jahren) nicht noch ein wenig weiter meinen Job machen will. Ich fühle mich immer noch geliebt von vielen Menschen hier. Aber in mir habe ich das unbestimmte Gefühl, mir fehlt irgendetwas zum Glücklichsein und zum ankommen in meinem ganz persönlichen Zuhause.

Beim letzten Umzug (vor acht Monaten) , wobei ich in die perfekte Wohnung eingezogen bin, schon allein von der tollen Aussicht her, habe ich mir nun meine Gelenke arg strapaziert. Seitdem bin ich mal mehr und mal weniger eingeschränkt beim Laufen. Meine Arbeit wurde so in der Hauptsaison, zu Weihnachten, langsam zur Last. Weil ich mehr und mehr auch die Pausen dazwischen nötig brauche und kaum welche vorhanden waren.  So war auch meine Stimmung, alles eingeschlossen, eher auf dem Tiefpunkt.  Ich keuchte (in Gedanken) nur immer von Event zu Event und als dann mal die Termine sich so häuften, dass ich dachte, das geht nicht mehr, da habe ich dann endlich mal bei meinem Chef  verkündigt, dass ich auf diese Weise nicht mehr  weiter machen kann, weil ich es einfach nicht schaffe. Das war zu dem Zeitpunkt schon eine Granate für den Chef. Denn die ganzen besonderen Vorbereitungen ließen sich nicht einfach auf eine Vertretung verteilen.

Aber er war weise. Er hat eine Frau aus der Gemeinde, die Diakonisse ist und seit Kurzem im Ruhestand, gefragt, ob sie mir ein wenig helfen würde. Das ist eine Person, die nicht besonders sensibel ist und schon oft angeeckt ist, aber noch enorme Kraftreserven zu haben scheint. Was ich nur mit Ächzen und Stöhnen schleppe, macht sie scheinbar "mit links" und ohne große Kraftanstrengung. Ich kenne sie schon eine Weile und weiß inzwischen, wie sie zu nehmen ist. So haben wir auch immer mal zwischendrin einen kleinen Plausch gehalten, wo jerder von uns etwas von seinem eigenen Leben erzählt. Das hat schon ein Stückweit eine persönliche Beziehung hergestellt.  Und so kommen wir beide bis jetzt ganz gut miteinander klar. Das ist eine große Erleichterung für mich geworden. Seitdem fange ich an, wieder aufzuatmen und meine Arbeit auch zu lieben. Ich muss mich allerdings immer wieder selbst ermahnen, eines nach dem anderen zu tun. Die ganzen Lasten der Vergangenheit haben meinen Blick zu schnell auf die Masse der Arbeiten über längeren Zeitraum fixieren. Und dann den Druck zu verspüren, der überhaupt nicht nötig ist. - Außerdem hat mein Grenzziehung auch Kreise gezogen. So dass ich von dem Zeitpunkt an immer mal wieder (ehrlich) gefragt werde, wie es mir geht. Als ich nun, nachdem die größten Aktionen vorbei waren, darüber nachdachte, was sich geändert hatte, stellte ich auf einmal fest: Ich bin nicht mehr so ganz alleine! - Weil ich mich nicht nur als Mesnerin (woanders heißt das: Küsterin) angenommen fühle, sondern spüre, dass ich auch als Mensch wahrgenommen werde. Weil ich meine Grenzen aufgezeigt habe, bin ich menschlicher geworden. Selbst da, wo ich in meinem Job auch immer mal versage.

Trotzdem merke ich auch jetzt immer noch zwischen den Aktionszeiten, dass mir irgendetwas fehlt. Ich meine, dass es Menschen sind, die mich auch außerhalb des Jobs wahrnehmen - einfach nur als Mensch. Und ich spüre, das muss bei mir anfangen. Da, wo ich andere Menschen außerhalb des Jobs wahrnehme und annehme.

Gestern nun war in dieser Hinsicht ein ganz besonderer Tag, der mich wieder einen großen Schritt weitergebracht hat und mir das Gefühl schenkt, hier doch einmal wirklich "anzukommen". - Nachmittags war eine Beerdigung. Es war die Mutter einer Frau gestorben, die ich auch kannte und die schon an manchen Stellen mit mir zusammen gearbeitet hat und dabei auch schon über persönliche Dinge geredet hatte. Nichts weltbewegendes, aber doch persönlich. - Als diese Frau mit den übrigen Familienangehörigen in die Kirche kam, veranlasste sie die kurze Frage, wie es ihr geht, sie dazu, sich in meine Arme zu werfen und zu weinen. Irgendwie war ich in dem Moment scheinbar ein Kanal, wo sie ihre Trauer loswerden konnte. Mich überkam ein Gefühl des Mitleids und irgendwie auch eine Art mütterlicher Gefühle. So blieben wir eine Weile umarmt dort stehen und ich tat und sagte das, was mir mein Gefühl gerade eingab. Auch nichts weltbewegendes und ohne große Worte. Aber hinterher hatte sich plötzlich auch bei mir etwas geändert. Ich hatte einen Menschen so wahrgenommen und behandelt, wie ich es als Mensch in dem Moment empfunden habe. Und das fühlte sich einfach richtig an. Es schien mir danach, dass mein Herz berührt worden wäre.-
Am Abend war dann noch Taizé-Andacht. Ich hatte meinen Platz schon mit meiner Tasche markiert, genau am Ende des Stuhl-Halbkreises. Und weil gestern mehr als sonst kamen, blieb auch kein anderer Platz mehr übrig. Also setzte ich mich dorthin. Nach der Andacht kam ich mit meinem Nachbarn ins Gespräch. Das heißt, er ist auch ein Nachbar von dem Haus in dem ich wohne und er sprach mich an. Bisher hatten wir nur kurze Grußformeln ausgetauscht. Aber hier kamen wir ins Gespräch über uns selbst. Und stellten fest, dass wir gebürtig aus dem gleichen Bundesland kommen. Wir haben eine ganze Weile miteinander geplaudert, was sonst nicht so meine Art war bisher. Weil ich auch immer noch die ganze Deko aufräumen muss danach. Dieses mal hatte ich nun noch einmal an diesem Tag das Gefühl, wieder ein wenig mehr berührt worden zu sein von Menschen und einfach einen Schritt weiter gekommen zu sein beim "Nach-Hause-Kommen".   Weil ich selbst mich als Mensch geöffnet hatte, konnte ich Menschen wahrnehmen und mich ein Stückweit im Gespräch mit ihnen verbinden.

Ich merke immer mehr, dass ich Menschen brauche. Genauso, wie Menschen mich manchmal brauchen. Dass es ein Geben und Nehmen sein kann und dass genau in dieser Konstellation echte Beziehungen entstehen. Da wo ich mich öffne und teilweise auch verletzlich mache, öffnen sich auch andere und liefern sich quasi mir aus. Das ist Liebe, die da erst wächst, wo man sie verschenkt. Das hat in mir wieder ganz neue Hoffnungen auf Leben entfacht. So, dass mein Leben doch noch nicht so weit am Ende ist, dass ich nur noch vor mich hin leben kann. Sondern dass immer noch einiges wachsen kann an Beziehungen, wo ich geben kann, was ich habe und mehr zurück bekomme, als ich gegeben habe.

Dienstag, 11. Februar 2014

Botschaften in Naturereignissen

Bei einer Diskussion im Forum um Naturereignisse und deren Deutung fielen mir wieder zwei Ereignisse ein, die mir "göttliche Botschaften" vermittelten.

In einer Situation war, in der ich mich sehr alleine fühlte, betete ich zu Gott und schaute dabei zufällig aus dem Fenster. Dort sah ich am Himmel eine Wolkensäule. Die schien, als wenn sie von der Erde zum Himmel gehn. Es war sonst total wolkenfreier Himmel. Nur diese eine Wolkensäule. Während ich diese Wolke anschaute, fiel mir die Wolkensäule ein, in der Gott das Volk Israel begleitete in der Wüste. In dem Moment fühlte ich mich von Gott berührt, mit der Botschaft: du bist nicht alleine. Ich fühlte mich nicht mehr alleine. Die Wolkensäule war kurz darauf wieder weg. -

Das zweite Ereignis geschah, als ich gerade (mal wieder) im Umzugsstress war. Durch unvorhergesehene Umstände war ich plötzlich wohnungslos geworden und bekam von einer Freundin die Einladung, bis zur Klärung der Wohnungsverhältnisse bei ihr im Gästezimmer zu wohnen. Meinen Hausrat durfte ich in der Zwischenzeit zum Teil in dem Keller ihrer Wohnung und zum Teil in meiner Freikirchengemeinde unterstellen, in der ich auch gerade einen 1€-Job machte.- Die Situation war für mich schon durch die plötzliche Wohnungslosigkeit auch für mein Glaubensleben ziemlich verunsichernd. Aber ich hatte diese unvorhergesehene Situation als Anlass genommen um meine nächste Wohnung nun direkt in Süddeutschland zu suchen, was ohnehin ein fernes Ziel von mir war. -
Noch mehr verunsichernd war dann aber, als meine Helfer mit dem Auto kamen, um die Sachen im Keller der Gemeinde unterzustellen. Da fing nämlich gerade ein solches Unwetter an, dass man den Eindruck hatte, die Welt geht gerade unter. Es war so, als wenn alle Schleusen des Himmels sich öffneten und mir ihren "Segen" gaben, den man in diesem Ausmaß eher als "Fluch" verstehen konnte. Wir zogen unsere Aktion aber durch, weil die Helfer auch sonst in Zeitdruck waren. Meine Freundin, welche dabei mitmachte, sagte dann im Auto ganz vorsichtig zu mir: "Meinst du wirklich, dass du das Richtige tust?"
Während wir die Sachen in den Keller der Gemeinde verfrachteten, verzog sich das Unwetter ganz langsam. Und auf einmal rief meine Freundin nach mir, ich solle doch ganz schnell mal herkommen. Sie stand am Hinterausgang des Gemeindehauses. Und von dort aus sah man einen vollendeten Regenbogen am Himmel. Der ging von einem Ende zum anderen und verband scheinbar den Himmel mit der Erde.
Dieses Ereignis hat mir für meine zukünftigen Aktionen ganz viel Frieden ins Herz geschenkt. Sie war für mich die Botschaft von Gott: "Hab keine Angst, ich bin bei dir, überall wo du hingehst."

Klar, die Naturereignisse sind erklärbar. Auch ohne meine momentane Lage. Man kann das ganze natürlich als Zufall betrachten. Aber es ist die Häufung solcher Fälle, der unterschiedlichsten Zeichen gerade zur rechten Zeit, die mir immer mehr vermitteln, dass Gott durch alle möglichen natürlichen Ereignisse, welche gerade zur richtigen Zeit vor meinen Augen passieren, ganz persönliche Botschaften sendet. Ich hatte zuvor und auch währenddessen mit Gott geredet und traute ihm zu, dass er mir eine Botschaft senden kann, so wie ich sie gerade brauche.

Sonntag, 2. Februar 2014

Eine Zeit im Norden ca. 1964

Meine Mutter ist in Kiel geboren, mein Vater in Memel. Ich bin in NRW geboren, meine Kinder haben in Niedersachsen ihre Heimat. Also, mein familiärer Hintergrund ist reichlich bunt gemischt.
Als ich Kind war, hatten wir, falls wir mal in Urlaub fuhren, immer ein einziges Ziel: Kiel. Dort wohnten beide Großeltern und bei der Mutter meiner Mutter konnten wir auch immer eine Zeitlang Unterschlupf finden.
Im Nachhinein staune ich immer noch, auf welch engem Raum wir fröhlich miteinander ausgehalten haben. Als mein Großvater schon gestorben war, hatte meine Oma nur einen Raum als Wohn- und Schlafzimmer. Ein anderer Raum wurde von der jüngsten Tochter bewohnt, meiner Tante - die einzige, die von der Familie noch heute lebt.

Meine Oma wohnte an einer sehr verkehrsreichen Straße, der "Holtenauer Straße" in Höhe der Bus- und Bahn-Haltestelle "Belvedere". Auf der gegenüberliegenden Straßenseite fuhr ein Bus bis zum Strand an der Ostsee. Oder besser gesagt, der Kieler Förde. Meine Eltern und Großeltern hatten nie ein Auto. Erst ihre Kinder hatten welche. Darum war es für uns ganz normal, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.

Als ich 13 Jahre alt war, wurde ich für ein paar Wochen (von Ostern bis zu den Sommerferien) zu meiner Oma geschickt, weil ich dort schwimmen lernen sollte, für meine Rückenprobleme. An diese Zeit habe ich mich kürzlich wieder ganz intensiv erinnert.

In der Zeit ging ich auch dort in die Schule, die "Hardenbergschule". Schwimmen lernen konnte ich ganz einfach in der Schule, weil das Fach dort regelmäßig auf dem Stundenplan stand. Dieses Fach gab es in meiner Schule zu Hause überhaupt nicht.

In der Klasse war ich natürlich in gewisser Weise ein Exot. Der eine Lehrer nannte mich manchmal "Fräulein Mettmann" ("Mettmann ist mein Heimatort). Die Kinder (gerade in die Pubertät schliddernd) schauten mich auch etwas schräg an, weil ich es doof fand, in den Pausen langweilig nur rumzustehen und zu labern über unwichtige Sachen. Ich fand, dass ich noch spielen darf in dem Alter. Eine einzige Schülerin aus meiner Klasse schloss sich mir dabei an - oder vielleicht auch ich ihr. Dieses Mädel (sie hieß "Erika") gehörte auch eher zu den Ausgeschlossenen dieser Klasse. Ansonsten hatte ich eine Freundin, die in dem gleichen Haus wie meine Oma wohnte, die sich uns anschloss. Die war zwar noch zwei Jahre jünger als wir, aber sie gehörte zu einer "Bande", die alle ungefähr in dem Alter waren. Mit ihnen bin ich  am Nachmittag gerne zwischen den Häuserblocks herumgelaufen und wir haben Spiele wie "Räuber und Gendarm" gespielt. Neben dem Wohnhaus meiner Oma gab es noch eine Ruine vom Weltkrieg. Solche gab es zu der Zeit vereinzelt noch in vielen Städten, auch in meiner Heimatstadt. Natürlich war es verboten, darin zu spielen. Aber es hat uns gereizt und manchmal war es ein gutes Versteck. Als Bande fanden wir irgendwann mal, dass wir alle einen Spitznamen haben sollten.  Jeder sollte sich einen ausdenken für sich selbst. Und weil ich Spitznamen überhaupt nicht gewohnt war, habe ich mir einfach "Brötchen" ausgesucht. (wäre ja mal ein guter Nick, wenn ich mich mal wieder irgendwo neu anmelde) ;-) Warum ich den wählte, weiß ich nicht mehr. Ich glaube, der war einfach sinnfrei.

In meiner Klasse war es also Erika, mit der ich mich zusammentun konnte. Und irgendwie gefiel mir dort in der Klasse der Status als Exot auch. Ich war dort viel mutiger, als ich zu Hause jemals war. Dabei erinnere ich mich an einen Tag, wo wir uns mit meiner Klasse zum Schwimmen mal wieder in der Schwimmhalle trafen. Das waren auch noch die Zeiten, wo "Perlonstrümpfe" nur für erwachsene Frauen vorgesehen waren. Aber in dem Alter gab es eben auch schon einige Mädels, die welche trugen. Bei uns zu Hause gab es so etwas überhaupt nicht. Da war meine Mutter sehr streng. Meine Oma war da ein wenig freigiebiger und hat mir oft ein paar abgelegte Perlonstrümpfe von sich gegeben. Wobei die von ihr noch ein bißchen dicker waren, als die feinen Dinger, welche von den jungen Mädels getragen wurden. Es war also nur ein Kompromiss, aber für mich schon ein ziemlich großer. Die meiste zeit, vor allem im Sommer, trug ich aber noch Söckchen. So weit ging meine Liebe zur Mode nicht, dass ich dabei schwitzen wollte.

So trafen Erika und ich also in der Schwimmhalle ein und die meisten Schüler waren schon da. Ich sehe es noch vor mir, wie sie auf einer Treppe zu einem Eingang hintereinander standen und warteten, dass die Lehrer kamen zum Einlass. Weil es ihnen wohl langweilig war, fingen ein paar von den Mädels an zu spotten über die Söckchen, welche Erika trug. Und wie es dabei oft geht, fielen gleich eine ganze Reihe Schüler mit ein. So dass wir den Eindruck hatten, alle lachen Erika aus. In dem Moment kam es (was, weiß ich nicht) über mich und ich stellte mich direkt vor die spottende Gruppe und sagte: "So, und jetzt lacht auch mal über mich. Ich habe nämlich auch Söckchen an". In dem Moment war alles still und keiner mehr hat gelacht. Und ich war stolz auf mich.

Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch ziemlich neu ein Stützkorsett für den Rücken bekommen. Ich fand es lästig. Aber meine Tante achtete sehr darauf, dass ich es auch trug. Wenn meine Oma nachgeben wollte, dass ich es mal nicht tragen bräuchte, dann hat meine Tante ihr immer vorgehalten, dass sie bei ihr auch nicht darauf geachtet hätte und nun hatte sie eine verbogene Wirbelsäule. Mir tat meine Oma dann immer leid, dass sie diese Vorwürfe ertragen musste, wo sie doch eigentlich mir nur gerne die Lage erleichtern wollte.

Wenn Schwimmen auf dem Stundenplan stand, musste ich das Korsett natürlich nicht tragen. Weil es meinen ganzen Körper einschloss, fand ich es doch etwas peinlich, wenn die Mitschüler es sehen würden, wie ich damit aussehe. Aber einmal hatte ich es vergessen, zu Hause zu lassen. Es fiel mir erst auf, als ich mich in der Schwimmhalle umziehen wollte. So sagte ich der Lehrerin, ich könne nicht mitschwimmen deswegen. Die ermunterte mich aber, das Ding einfach dort auszuziehen. Und so zog ich mich um, unter den staunenden Blicken meiner Mitschülerinnen und der Lehrerin, die dafür sorgte, dass dies richtig beurteilt wurde. Danach fand ich es nicht mehr so peinlich, dass ich das Ding tragen musste.

In der Klasse saßen wir zu viert um quadratische Tische herum. Jeder an einer Längsseite. Und ich erinnere mich, dass immer mal dafür gesorgt wurde, dass wir Plätze austauschten, nach Anweisung der Lehrer. Da hatte ich einmal dann einen Tisch, an dem außer mir nur noch drei Jungs saßen. Ich selbst hätte das mir so nie ausgesucht. Aber in dieser Konstellation habe ich zum ersten Mal entdeckt, dass ich als Mädel besondere Waffen gegen Jungs zur Verfügung hatte. Wenn mir irgendwas nicht gefiel, wie ich behandelt wurde, dann habe ich gezickt und die Jungs haben nachgegeben. Das war eine interessante Erfahrung für mich. Ich erinnere mich da noch an ein Mal, wo ich mit dem Rücken zum Lehrer saß. Dass ein Junge irgendetwas mir wegnahm. Ich glaube, ich hatte ihm vorher was weggenommen. Es war eigentlich eher ein Spiel, wo wir uns gefoppt haben. Aber der Junge wollte mir das Teil nicht wiedergeben (ich glaube, es war ein Radiergummi) und ich habe dann mal eben ein paar Tränen herausgedrückt. Worauf der sofort reagiert hat und sich entschuldigt hat, damit ich aufhöre, bevor der Lehrer etwas merkt.

Der Klassenlehrer war toll. Er hieß "Herr Rassmus". Das tolle an ihm war, dass er Klavier spielte. und zwar zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten. Manchmal setzte der sich einfach, während wir gerade bei irgendwelchen Aufgaben saßen,  ans Klavier und spielte ein flottes Lied. Eines davon war: "Die Gedanken sind frei". Das Lied sollte ich auch allein vorsingen, als in der offiziellen Musikstunde mal Stimmprüfung war. Mein Lehrer fand meine Stimme toll. Er sprach fast bewundernd davon, dass man das fördern sollte. Es hat mich stolz gemacht. Gefördert haben wir das ja zu Hause oft, indem wir als Familie viel zusammen gesungen haben.

Meine anderen Großeltern wohnten am anderen Ende von Kiel. Dorthin kam ich aber auch ganz gut mit der Straßenbahn, die direkt vor unserem Haus abfuhr. Das war die gleiche Linie, welche auch durch die Innenstadt fuhr. Vom Einkaufen in der Fußgängerzone aus sind wir auch mit der gleichen Bahn gefahren, nur in die andere Richtung. Einmal waren wir zusammen in der Einkaufszone und es wurde Mittag. Man forderte mich auf, schon mal voraus zu fahren und die Kartoffeln für das Mittagessen aufzusetzen. Ich bekam dazu einen Fahrausweis in die Hand gedrückt, Geld hatte ich keines. Ich nahm also die nächste Bahn und fuhr los. Merkte dummerweise aber erst ziemlich spät, dass ich in die Bahn in die falsche Richtung eingestiegen war. Da ich keinen Fahrschein für den Weg zurück hatte, fiel mir als Lösung nur der Weg zu meinen Großeltern dort an dem anderen Ende ein. Natürlich bekam ich meinen Fahrschein. Und mein Opa war da gerne auch mal ganz freigiebig und gab mir noch ein paar Pfennige extra dazu. Ich glaube, es waren 50 Pfennig. Das war viel für mich, weil ich zu Hause so gut wie nie Geld bekam. So hatte sich mein Umweg sogar gelohnt. Das Problem war allerdings, dass ich natürlich viel zu spät wieder dort ankam, wo ich die Kartoffeln aufgesetzt haben sollte. Meine Familie war schon da. Und meine Tante glaubte mir meine Geschichte einfach nicht, sondern behauptete, ich hätte das absichtlich so gemacht, um Geld vom Opa zu bekommen. Das hat mich ziemlich verletzt. Aber diese Geschichte hat mir auch das erste Mal ziemlich bewusst gemacht, dass ich keinen besonders guten Orientierungssinn habe. Wenn ich mich in fremden Orten orientieren will, dann muss ich mir ganz deutlich bestimmte Zeichen einprägen. Sonst kann es mir passieren, dass ich irgendwo in ein Gebäude reingehe. Und wenn ich rauskomme, dann gehe ich in die falsche Richtung weiter. Auch wenn ich im Geschäft oder im Zug mal aufs Klo muss, dann gehe ich erst rein, wenn ich mir genau eingeprägt habe: erst rechts, dann zweimal links und nochmal rechts .... o.ä.

Eigentlich sollte ich in Kiel ja bis zu den Herbstferien bleiben, wenn es Zwischenzeugnisse geben sollte. Aber zwischendurch, als es warm war dann mal meine Mutter mit zwei oder drei meiner kleineren Geschwister zu Besuch in Kiel. Und da hat mich das Heimweh gepackt und ich wollte nach Hause.

Ich erinnere mich aber noch gut an die nicht so große Stube meiner Oma. Darin standen zwei Sofas, die zu Betten umgearbeitet werden konnten oder es waren zwei Betten, die zu Sofas umgemodelt wurde, keine Ahnung. Das Bett, in dem ich immer geschlafen habe, war für mich gefühlsmäßig immer ein Platz, wo ich mich geborgen fühlte. Ich glaube fast, dass ich dort das erste Mal ganz bewusst Geborgenheit für mich wahrgenommen habe und genossen habe.  Lange Zeit war allein das Wort "Geborgenheit" für mich etwas, das Sehnsucht in mir hervorrief. Eine Sehnsucht nach etwas, das ich nicht wirklich haben könnte. Ich erinnere mich nur an wenige Orte, wo ich das Gefühl wieder hatte.