Schon eine ganze Weile genieße ich den "Weiten Raum" (Vergleich zu Ps.31,9) in den ich geführt wurde von Gott. Manchmal schon habe ich mich gefragt, wieso ich so lange Zeit in der Enge von theologischen Grundsätzen leben musste, bis ich einen Weg in die Weite antreten durfte. Es war eine lange Zeit, in der ich ebenfalls die Nähe Gottes gespürt habe und immer auch Bestätigung von ihm empfing, auf die Weise, wie ich es verstehen kann.
Wenn ich jetzt meinen Blick in der neuen Weite umherschweifen lasse, dann kommt mir schon manchmal der Gedanke auf, dass alles was "davor" war, irgendwie nicht richtig gewesen sein kann, weil es mir eher gegensätzlich erscheint. Aber ich erinnere mich noch ganz deutlich an viele Begebenheiten, die auch dort mir die Nähe Gottes und seine Zusagen bestätigt hat. Da taucht immer wieder die Frage auf: "Was ist oder war denn nun richtig oder was ist oder war falsch an meinem Glauben?
Vor einiger Zeit hat dazu mir mal ein Freund auf die Sprünge geholfen, mit der Aussage: "Es kommt überhaupt nicht darauf an, dass dein Glaube richtig ist, sondern darauf, dass dein Glaube aus deinem aufrichtigem Herzen kommt". In dem Moment, als dieser Spruch mein Herz erreichte, machte es "Klick" bei mir. Und ich entdeckte die Weite, die ich bei Gott haben darf, weil Gott nicht abhängig ist von meiner Art zu glauben.
Eine Weile habe ich diese Weite nur für mich selbst genossen. Durch Begegnungen mit Menschen, die miteinander nicht umgehen können wegen der unterschiedlichen Enge bis Weite wird mir langsam klar, wozu es vielleicht gut war, dass ich so lange in der Enge gelebt habe.
Manchmal komme ich mit Menschen ins Gespräch, die in dem alten Muster regelrecht gefangen sind und oft auch mit harten Bandagen dafür kämpfen, ihren "richtigen" Glauben unter die Menschen zu bringen.
Anderseits kann ich oft auch beobachten, dass Menschen, die in dem "Weiten Raum" sind, genauso heftig diese Menschen in dem engen Raum verurteilen und gegen diese kämpfen.
So entsteht langsam der Eindruck bei mir, dass meine Aufgabe so eine Art Vermittlerrolle sein könnte. Gerade weil ich so bewusst die verschiedenen Phasen durchgemacht habe, dass mir noch deutlich in Erinnerung ist, was mich angetrieben hat und mir den Eindruck gab, "richtig" zu sein, kann ich mich wahrscheinlich so am Besten in die einzelnen Menschen hineinversetzen und von der Wurzel her vermitteln.
Meine Vermittlerfunktion sehe ich aber nicht in der Aufgabe, den Einen zu sagen, sie wären "falsch" und den anderen, dass sie "richtig" seien. Sondern darin, dass ich versuche, zu vermitteln, dass sie nicht gegeneinander kämpfen müssen, weil Gott beide oder alle Menschen nach der Herzenshaltung beurteilt, nicht nach dem "richtigen Glauben".
Manchmal empfinde ich diese Aufgabe aber ziemlich ermüdend. Im Moment läuft gerade ein Austausch mit einer Person, die mich dauernd herausfordert mit Totschlag-Dogmen. Eigentlich waren wir Freunde. Aber schon zwei Mal habe ich aufgegeben und Abstand gefordert. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass sie mir von Gott diesen Kontakt herbeigeführt hat. Darum habe ich den Kontakt immer wieder aufleben lassen. Im Moment bin ich allerdings wieder so weit, dass ich nur noch frage: "Herr, was soll ich da noch sagen?" Wenn sie mir ihre "Fragen", die ganz scharf manipulierend wirken, entgegen schleudert, dann habe ich fast manchmal das Gefühl, gegen dunkle Mächte zu kämpfen. Dabei will ich doch garnicht kämpfen. Ich will nur zeigen, dass man nicht gegeneinander kämpfen muss, um mit dem scheinbar richtigen Glauben vor Gott bestehen zu können. Das scheint für manche aber ungeheuer schwer verständlich zu sein.
Vielleicht wollen manche Leute gar keinen "weiten Raum". Vielleicht fühlen sich manche in dieser Enge ja sicherer als in weiten Räumen. Das ist ja auch völlig okay so. Darf doch jeder für sich selbst entscheiden, wie er leben möchte. Problematisch wird es nur da, wo man auch andere, deren Weg schon hin zu dem "Weiten Raum" geschieht, unbedingt in die eigene Enge holen will. Vielleicht, um sich selbst noch sicherer zu fühlen. Vielleicht um nicht allein in dem engen Raum zu sein. Das Ergebnis ihres Kampfes ist dann leider nur, dass sie sich immer weiter von anderen Menschen entfernen und damit erst recht alleine sind. Denn Menschen, die schon einen Blick in die Weite der Nähe zu Gott geworfen haben, möchten meistens auf keinen Fall in einen engen Raum wechseln. Schon garnicht, wenn sie den engen Raum schon kennengelernt haben und sich da heraus auf den Weg gemacht haben.
Erschwerend empfinde ich auch, dass ich keine sichtbaren "Wegweiser" zum "Weiten Raum" zeigen kann. Der einzige Wegweiser, den ich kenne, ist Gott selbst. Aus Berichten erkenne ich bei anderen Menschen, dass jeder in der Verbindung zu Gott seinen eigenen Weg erkennt. Nicht in einer Wanderkarte, sondern Schritt für Schritt. Nicht allein, sondern mit Gott selbst. Einen besseren Plan kann man nicht finden, als den, mit Gott zusammen zu bleiben und zu hören und sehen, welchen Wegweiser er mir für die nächsten Schritte der Gegenwart geben will. Aber Menschen, die gewohnt sind, nach organisierten Wegekarten zu wandern und keinen Deut davon abweichen wollen, ist das wahrscheinlich schwierig.
Mein Wunsch ist, dass Menschen in engen Räumen, bis hin zu den Menschen im weiten Raum eine Einheit werden können, weil sie mit Gott gehen - unabhängig davon, wie sie ihren Glauben leben. Wer mit Gott geht, der kann auch erleben, dass scheinbar enge Räume einen Weitblick haben können und somit verbindend sein können. Gut ist da der Rat: "Geh mit Gott, aber geh" (ein Spruch aus meiner Jugendzeit). Wenn man das tut, und ein bisschen zurückdenkt an eine Zeit, wo es vielleicht "anders" war, fällt es auch den Weitesuchenden ein wenig leichter, die Engeliebenden zu verstehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen