In einem Forum wurden meine Gedanken wieder angeregt und sind ihre Wege gegangen...
Im Blick auf die Wüstenwanderung des Volkes Israel ging es um die Frage, worin die Freiheit bestände und die Vermutung, dass der Weg durch die Wüste nicht speziell Gottes Weg gewesen wäre.
Ich denke, der Ansatz, dass Gott es anders gewollt haben könnte, ist der eigentliche Grund vieler Fragen und Probleme im Blick auf die Freiheit bei Gott.
Vielleicht kann man ja einfach mal davon ausgehen, dass die Menschen es zu dem Zeitpunkt so verstanden haben und deshalb hat Gott es ihnen auf diese Weise vermittelt.
Eigentlich geht es vielleicht bei Gottes Willen überhaupt nicht darum, ob der Weg richtig ist oder nicht. Oder aber: beide Wege wären richtig. Ausschlaggebend ist eher das Ziel, was sie erreichen können. Und die Wege werden dann eben darauf ausgerichtet, damit die betreffenden Menschen das Ziel erreichen können – auf ihre ganz persönliche Art.
Ziel Gottes ist die Freiheit. Wenn man die Freiheit erst noch erreichen muss, also einen Weg suchen muss, dann bedeutet das ja, dass man noch unfrei ist.
Unfrei ist man dann, wenn man an etwas oder jemanden gebunden ist. Bindungen hindern daran, Wege zu finden, die sich außerhalb des Horizontes der Bindungen befinden.
Ich persönlich empfinde auch oft Bindungen dort, wo ich zu sehr auf mein eigenes Versagen fixiert bin – und damit dass ich dieses versuche zu vermeiden, mich oft noch mehr in diese Bindungen verstricke. Ähnlich zu beobachten ist das bei einem Spinnennetz.
Gott hat in den Geschichten der Bibel immer an allererster Stelle dazu aufgefordert und geradezu gebettelt, dass die Menschen ihren Blick auf ihn richten sollen. Weg von ihrem Versagen, von den Hindernissen im Leben. Denn Gott will Freiheit schenken. Freiheit, die man nur da finden kann, wo man nicht immer auf die Bindungen starrt. Und noch viel mehr: Freiheit, die selbst im steinigen Land, in der Wüste und in der eigenen Unfähigkeit Sieger sein kann. Weil es nicht mehr bindet.
Es klingt einfach nur phantastisch – ich weiß. Ist irgendwie menschlich nicht logisch und schwer greifbar.
Am besten kann ich das erklären an dem Bild von den Bergen. Das habe ich mal bei dem Propheten Habakuk gefunden. Der Prophet beklagt die ganze Zeit immer wieder die Situation in dem das Volk sich befindet. Was er dabei richtig macht ist, dass er es Gott klagt. Das Klagen ist praktisch der Blick des Propheten, den er auf Gott richtet . Am Ende beschreibt er es so:
Aber ich will mich freuen des HERRN und fröhlich sein in Gott, meinem Heil. Denn der HERR ist meine Kraft, er wird meine Füße machen wie Hirschfüße und wird mich über die Höhen führen.
Ich mag den Blick von einem Berg sehr, wenn man von da aus ein weites Tal überblicken kann. Da unten kann man das Leben der Anderen sehen. Aber es ist winzig klein.
Nichts im Leben ist anders als vorher. Aber der Blick hat sich geändert. Man schaut aus einer anderen „Warte“, wie es der Prophet auch an anderer Stelle ausdrückt. Die Hektik und die Hindernisse sind immer noch da – aber sie können uns nicht mehr gefangen nehmen. Aus dieser Warte kann man interessanterweise auch oft Wege erkennen, die man, wenn man „mittendrin“ steckt und sich zu sehr damit beschäftigt, überhaupt nicht mehr erkennen kann.
Für mich war diese Sicht der Dinge sehr befreiend. Sie hat sichtbar zunächst nichts Neues gebracht. Aber sie hat mich aus dem Netz befreit, das den Blick zu Gott und aus ihm heraus verdeckt hatte. Das ist schwer zu beschreiben. Aber sehr eindrücklich, wenn man es erlebt.
Der Prophet hat in den Kapiteln vorher auch einige Zeit gebraucht, bis er den Blick frei hatte zu dieser Warte. Aber er hat nicht locker gelassen. Und wurde dafür belohnt.
Ich würde von demher sagen, dass die Freiheit des Volkes Israel da begonnen hat, wo sie sich auf den Weg gemacht haben.
Vielleicht waren die ganzen scheinbaren Hindernisse einfach nötig, um das Volk auf den Ausgangspunkt zur Freiheit, bei Gott selbst, hinzuweisen. Immer dann wenn sie sich an Gott wandten, hat Gott auch eingegriffen - und sie darauf hingewiesen, dass es nötig ist für ihre Freiheit, mit ihm in Verbindung zu bleiben.
Vielleicht kann sogar der Blick auf das gelobte Land zu sehr binden, so dass man die Freiheit auf dem Weg dahin kaum noch wahrnehmen kann. Ich finde, unter diesem Aspekt kann man ganz neue Wege auf dem Weg ins gelobte Land entdecken. Die Freiheit liegt dann aber nicht in diesem Land, sondern in Gott und der Beziehung zu ihm.
Ich bin mir nicht ganz sicher, was du meinst, wenn du schreibst, der Wüstenweg wäre vielleicht nicht Gottes Weg gewesen.
AntwortenLöschenIn einer Hinsicht stimmt das aber: die 40 Jahre Wüstenwanderung, die gehören nicht zu Gottes ursprünglichem Plan.
Als Mose schon Kundschafter ausgeschickt hatte, das versprochene Land zu erkunden, und sie kamen reich beladen zurück, aber auch mit der Meldung, die Kanaaniter seien starke Riesen, da hat das ganze Volk - wieder einmal - angefangen, gegen Mose und gegen Gott zu murren. Die zehn Kundschafter, die sich gegen die Landnahme aussprachen, mußten sterben, nur Kaleb und Josua ben Nun blieben leben, weil sie dem Herrn vertrauten. Und das ganze Volk wurde zu 40 Jahren Wüstenweg verdammt, damit niemand unter den Erwachsenen, die gegen Gott gemurrt hatten, ins Gelobte Land einzöge. Aber der ursprüngliche Plan war anders...
Hi Wolfram,
AntwortenLöschendie Geschichten wie sie geschrieben stehen und wie sie allgemein ausgelegt werden, kenne ich.
Dann kann man sich aber die Frage stellen, ob Gott tatsächlich für die Menschen, oder auch für einzelne Gruppen, feste Pläne macht(?)
Und wenn dem so ist, dann stellt sich wiederum die Frage, wieso Menschen diese Pläne durchkreuzen können(?)
Ich persönlich glaube, dass Gott überhaupt keine Pläne macht in dem Sinn, wie wir solche verstehen. Gott steht darüber. Er hat den Menschen den Verstand und die Freiheit gegeben, eigene Entscheidungen zu treffen.
Dass er Menschen hilft, wenn sie ihn darum bitten, steht außer Frage. Das Volk Israel hat Gott um Hilfe angerufen und Gott hat seine Hilfe angeboten. Damit dass das Volk sich anders entschieden hat, hat es sich nur selbst geschadet. Es hat nicht Gottes Pläne durchkreuzt. Es hat nur seine eigenen Wege erschwert. Trotzdem war Gott weiterhin bei ihnen.
Das Leben ist begrenzt. Letztendlich kommt es darauf an, was man aus dem Leben, so wie es zur Verfügung stand, gemacht hat. Gott hat das Volk nie verlassen. Nicht der Ort, an dem sie lebten, machten den Sinn des Lebens aus, sondern die Nähe Gottes. Und wenn sie diese Nähe gesucht haben, dann haben sie "Fülle" erlebt. Ganz unabhängig von dem Ort an dem sie gerade waren.
Hallo Ehra,
Löschendie gesamte Exodus-Erzählung baut darauf, daß:
1. nicht das Volk zu Gott gerufen hat, sondern Gott hat das Volk in seiner Not gesehen und da herausgeholt.
2. das Volk alle Naslang zurückgehen will nach Ägypten, Gott ist beleidigt, und nur durch inständiges Bitten von Mose wird er wieder umgestimmt.
Das ist keine Auslegung, das ist schlicht der Gang der biblischen Erzählung. Aber um hinzugehen und zu sagen, "Gott ist ganz anders, als die Bibel erzählt", muß ich schon gute Gründe haben, und zwar mehr als ein Bauchgefühl.
Auch Abram hat Gott nicht gerufen. Im Gegenteil, Gott ist einfach auf ihn zugegangen und hat gesagt, "he, du, pack deinen Kram und geh dahin, wo ichs dir sage." Und Abram hat das getan. Genau wie Noah getan hat, was Gott ihm sagte.
In der Bibel wird immer wieder betont, daß Gott Pläne für die Menschen hat: Jer. 1,4-10. Jes. 49,1. Ps. 139,(13-15)16. Gal.1,15. Eph.1,4 (was uns zur Prädestinationsfrage bringt...)
Aber fangen wir doch ganz vorn an - bei der Schöpfung. Der Mensch ist kaum geschaffen, schon hat er einen Auftrag. Ob im 1. oder im 2. Kapitel der Bibel.
Ja, Gott macht Pläne für die Menschen, keine Frage.
Nächste Frage: Wieso können Menschen das durchkreuzen? Eben weil Gott uns nicht als Marionetten geschaffen hat. Sondern als freie Wesen, die eigene Entscheidungen treffen können. Die somit auch im vollen Wissen, daß es gegen Gottes Willen ist, die verbotene Frucht essen...
Der Bund Gottes mit den Menschen ist freiwillig, von beiden Seiten. Gerade in der Tora und Josua lesen wir auch, wie Gott immer wieder den Bund anbietet. Zwischen Garizim und Ebal soll sich das Volk noch einmal frei entscheiden, mit oder ohne Gott zu leben. Es entscheidet sich für Gott. Die Nachfolgenden haben das zu tragen, sie erben den Vertrag.
Und Gott hat sich mit den wiederholten Abtrünnigkeiten des Volkes auch vom Volk abgewandt, hat es, wie er durch den Mund des Jesaja sagt, "für eine kurze Zeit verlassen" (Jes. 54). Ganz in dem Sinn "ihr wollt mich nicht, dann will ich euch auch nicht". Tja, und dann haben sie wieder nach ihm geschrien.
Haben sie übrigens auch im Exil, und da sind sie trotz seiner Nähe nicht glücklich geworden...
Lieber Wolfram,
AntwortenLöschenich weiß ja, dass es so da steht. Und ich habe auch nichts dagegen einzuwenden, wenn es genau so verkündigt wird, wie du es tust.
Ich persönlich glaube hier, dass auch die biblischen Geschichten das wiedergeben, wie die Menschen, die es niedergeschrieben haben, es empfunden haben.
Es kommt, meiner Meinung nach, in den ganzen Geschichten um Gott und Mensch in erster Linie darum, dass der einzelne Mensch sich an Gott orientiert - also in seiner Nähe bleibt und Beziehung lebt.
Die "Pläne", welche Gott macht, sind dabei einfach auf die Menschen zugeschnitten. Es kommt dabei nicht speziell darauf an, dass die Menschen die Pläne genauestens erfüllen, sondern darauf, dass sie ihren Weg mit Gott gehen. Da kann dann auch der Weg ohne Weiteres mal vom PLan abweichen, ohne dass man sich dem Zorn Gottes aussetzt.
Ich glaube auch nicht, dass Gott "beleidigt" ist, wie du es ausdrückst. Gott steht darüber über all den Emotionen, die uns Menschen treiben. Ich glaube, dass es Gott nur darum geht, dass der Mensch sich an ihm orientiert. Sein Ruf in der Bibel lautet immer wieder: "Kehrt um zu MIR".
Alle "Pläne" auf diesem Weg sind Mittel für den Menschen, damit der Mensch mit seiner eigenen Sprache versteht, wie er in Gottes Nähe bleiben kann und wie der Weg gelingen kann.
Wenn Menschen trotz Gottes Nähe nicht glücklich sind, dann liegt das eher daran, dass sie selbst nicht diese Nähe suchen. Menschen suchen das Glück viel eher in der Umgebung und auf dem Weg. Darum plant Gott diesen Weg, für den Menschen.