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Mittwoch, 25. April 2012

Gottesbilder


Heute Vormittag, als ich gerade mal wieder in „meiner“ Kirche war (mein Arbeitsplatz), hatte ich einen Punkt, an dem ich (wieder einmal) spürte, dass ich genau dort zur Ruhe kommen konnte und die Gegenwart Gottes spürbar erfahren konnte.

Ich war am Morgen mit wieder einmal tausend Gedanken aufgewacht und habe so meinen Tag begonnen. Die Folge davon war, dass ich völlig verpeilt war. Das äußert sich dann so, dass ich an manchen Stellen die falschen Worte zum falschen Zeitpunkt sage und die Dinge, die ich tue an den falschen Orten tue. Ruhe finde ich in dem Moment, wo ich mich selbst finde – und an dieser Stelle auch Gott, so wie ich ihn erlebe.

Mir kam, nachdem ich es für mich wahrnahm, dass ich an diesem Punkt angekommen bin, der Gedanke: „ … so gibt es doch auch für mich besondere Orte, wo ich Gott begegnen kann“.

Dieser Gedanke ist deshalb wichtig für mich, weil mir in meinem erlernten Glauben immer wieder beigebracht wurde, dass es keinen Ort gibt, an dem Gott besonders ist. Gott sei da, wo man ihn ins Herz einläßt.  Das ist sicher nicht verkehrt. Aber wir Menschen brauchen vielleicht doch immer etwas Greifbares – ein Bild, an dem wir uns orientieren können und an dem wir selbst festhalten können, wie wir Gott wahrnehmen. Ein Bild, an dem wir, je nach der Erfahrung und neuen Erkenntnissen immer wieder ein paar Pinselstriche ergänzen und vielleicht auch andere übermalen, weil wir diese jetzt aus einem anderen Blickwinkel erkennen.  Sozusagen ein Denkmal für den eigenen Glauben.

Ich erinnerte mich dann, an welchen Worten mir diese Sicht der Dinge des Glaubens  bewußt geworden war. Es war ein Hinweis von einem User, den ich in einem Forum kennengelernt hatte. Er sagte, dass Symbole und Rituale nichts ist, was Gott braucht – es sind die Menschen die sie brauchen.  Das war eine Begründung auf meine Meinung, dass Gott es (in manchen Geschichten der Bibel) bestraft, wenn man seine Rituale nicht genau einhält. Obwohl ich auch die Worte von Jesus kannte und meinte verstanden zu haben: „Das Gesetz ist für die Menschen gemacht – nicht die Menschen für das Gesetz“ (frei zitiert), wurde mir in diesem Moment erst bewusst, was das für mich persönlich bedeutet.  Nämlich, dass es nicht auf die äußerliche Gestik ankommt – sondern auf die Einstellung des Herzens. Wenn ich also bestimmte Orte habe, an denen ich Gott besonders nahe erfahre, dann ist es nicht deshalb, weil Gott dort mehr vorhanden ist – sondern ich persönlich bin dort eher anwesend und bereit Gott zu begegnen.

Als ich diesen einen User getroffen habe und ins Gespräch über Glaubensfragen  kam, hat es mich zunächst fasziniert, dass er in, für mein Empfinden sehr unterschiedliche Aussagen von mir Parallelen zu seinen Aussagen fand. Er schrieb mir oft: " jetzt haben wir gerade beide ziemlich genau das Gleiche gesagt – nur unterschiedlich ausgedrückt".  Er hatte sich also die Mühe gemacht, von seiner eigenen Sicht der Dinge wegzusehen und meine anzuschauen – um nach dem Verbindenden zu suchen. Und dabei entdeckt, dass wir da garnicht so weit voneinander entfernt sind, wie es auf den ersten Blick schien. Das wieder hat mich dazu animiert, seine Art, die Dinge zu sehen und sich auszudrücken,  anzuschauen und versuchen zu verstehen.  Auch wenn mir zunächst schien, dass mein gesamtes Gottesbild, was ich mir im Laufe der Jahre zurechtgemalt hatte, eine Fälschung war – stellte ich beim näheren Hinschauen fest, dass durch den Blick über meinen eigenen Tellerrand auf das Gottesbild eines anderen manche Grundsätze meines eigenen Bildes klarer wurden und manche übermalt werden konnten.  Das bedeutet jetzt nicht, dass ich von ihm sein Gottesbild übernommen hätte. Es gibt da noch eine ganze Menge völlig unterschiedlicher Wahrnehmungen und Erkenntnisse. Aber trotzdem merke ich, dass es  der gleiche Gott ist, welcher die Menschen in ihrer ganzen Vielfalt so wollte und die Verbindung zueinander darstellen sollte.

Ich habe also festgestellt, dass es nicht falsch ist, ein Gottesbild zu haben. Aber dieses Bild nicht Gott darstellt, sondern nur meine Ausdrucksweise ist, zu zeigen wie ich Gott wahrnehme. Und in dem Moment, wo ich es wage, meinen Blick auch auf andere, unterschiedliche Gottesbilder zu werfen und versuchen zu verstehen, wie sie entstanden sind – mir dieses hilft, mein eigenes Gottesbild klarer werden zu lassen. 

Das, was Menschen unterschiedlicher Religionen verbindet, könnte  demnach  gerade die Unterschiedlichkeit sein – im Gegensatz zu dem Versuch, sein eigenes Gottesbild als das einzig Richtige darzustellen.  Nicht die Gleichmachung  führt zur Einigkeit, sondern das Anschauen der Unterschiede und der Bemühung, diese zu verstehen.

Darum möchte ich anregen, wenn man auf Andersgläubige trifft, die verschiedenen Gottesbilder  anzuschauen und die  Gemeinsamkeiten zu finden, anstatt sich auf seine Festung des eigenen Glaubens zurückzuziehen.  Dies sollte wohl wissend geschehen, dass jedes Gottesbild von Menschen unvollständig ist und bis zum Lebensende bleiben wird.  Mir ging es, wie gesagt, eben gerade so, dass das Anschauen unterschiedlicher Gottesbilder  mein eigenes Bild verschärft hat. Ich denke, ein Austausch über die von Menschen gesteckten Grenzen hinweg kann die Empfindung zur Nähe Gottes verschärfen.

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