Nachdem ich mich und in Foren auch andere, schon öfter gefragt habe, ob ich mich noch „Christ“ nennen darf, bin ich jetzt, nach längerem Überlegen, zu dem Schluß gekommen: ich BIN Christ – egal, ob andere meinen, mich ausgrenzen zu dürfen. Diesem Titel schreibe ich zwar keine Seligmachung zu, und er macht mich auch nicht besonders glücklich. Aber ich weiß, daß viele meiner Leser sich selbst diesen Titel geben, und alle anderen , die nicht das gleiche Gottesbild haben wie sie, als "Nichtchrist" und damit in die vermeintliche Gottesferne ausgrenzen. Das trifft bei mir aber nicht zu. Und ich will damit deklarieren, daß man, um Gott nahe zu kommen, nicht ein bestimmtes Gottesbild braucht, sondern einfach nur die persönliche Beziehung zu Gott selbst.
Ich glaube nicht (mehr) daran, daß das Christentum den einzigen Weg zu Gott kennt. Denn ich erlebe zunehmend, daß mir Gott auch in solchen Menschen begegnet, die ihn auf ganz andere Art gefunden haben. Und ich merke nichts davon, daß der Teufel mich in Bezsitz nimmt, wie im Christentum oft angedroht wird. Im Gegenteil: ich komme Gott näher, und erfahre ihn in ganz neuen Facetten.
Ich denke, daß jeder Mensch zunächst auf dem Weg Gott sucht und auch findet, der ihm am Anfang der Suche schlüssig erscheint. Wobei das bei den meisten wahrscheinlich die Religion ist, die sie aus dem Elternhaus mitbekommen haben.
Aufgewachsen bin ich in sehr extremen christlichen Verhältnissen, in dem Gott als der Richter der Menschen und der Mensch als absolut schlecht dargestellt wurde. Aber Gott hat den Weg freigegeben, an seinem Richterstuhl vorbei, durch Jesus.
Obwohl mir dieser Gott als Kind eine starke Angst eingeprägt hat, hat er sich mir da schon als der liebende Gott gezeigt. Ich habe es nur noch nicht so erfassen können, weil die Lehre der Angst stärker war.
Weil zu dem Glauben damals auch die „Entrückung“ gehörte, die begründet wird mit der Vision aus 1. Thessalonicher 4, 16-18, beinhaltete meine Angst auch die Sorge, alleine zurückzubleiben, wenn die ganze übrige Familie entrückt wird. Gott hat mir in einem Traum gezeigt, daß ich „dazugehöre“, und mich dadurch weitgehend von dieser Angst befreit.
Aus der Angst-Beziehung heraus entstand, mit knapp zwanzig Jahren, bei mir eine neue Vertrauens-Beziehung zu Gott. Weil ich nach dem Vorbild einer meiner Geschwister es wagte, Gott zu bitten, mir einen neuen Weg im Berufsleben zu zeigen. Ich bat zunächst völlig ohne Glauben – nur mal so als Probe. Und ich war total überrascht, festzustellen, daß Gott antwortete.
Die Tatsache, daß Gott sich um mich einzelnes Menschenkind kümmert und mir individuelle Wege aufzeigt, hat mich anfangs total beflügelt, und ich liebte bald geradezu das Risiko, um Führung zu bitten und die Antwort anzunehmen, selbst wenn sie ziemlich abwegig zu meinen vermeintlichen Gaben erschien. Lange hat Gott mich auf diesem Weg gestärkt, bis ich mir seiner Zuwendung und Treue sicher sein konnte.
Ich machte es allerdings genauso, wie es die meisten Menschen machen: ich erklärte meine Methoden, wie ich Gottes Antworten erlebte, zur allein richtigen.
Darum kam dann, als ich bereits „fest im Glauben“ war, die andere Seite der Medaille zum Vorschein. Ich meinte, Gottes Antworten zu vernehmen, mit den Methoden, die bisher immer geklappt hatten – und sie schienen irgendwie nicht mehr zu funktionieren.
Auch diese Erkenntnis wurde mir von Gott nicht mit dem „Holzhammer“ eingebläut – sondern ganz allmählich, immer mit Zeichen verbunden, daß Gott selbst ganz nahe ist. Ich habe trotzdem daran geknackt – sehr sogar. Meinte zwischenzeitlich, irgendetwas müßte schief gelaufen sein, und Gott wäre mir nicht mehr nahe. Aber die ständigen zweifelnden Rückfragen von mir wurden mit vielen großen und kleinen Zeichen von Gott gezeichnet, daß ER keinesfalls ferne von mir war – sondern näher, als je zuvor.
Irgendwann und langsam begriff ich, daß es im Leben nicht darauf ankommt, ob mein Weg „richtig“ ist – sondern einzig und allein darauf, daß mein Weg MIT GOTT geht. Und zwar durch Höhen und durch Tiefen. Immer in dem Bewußtsein, daß Gott nahe ist und bleibt – egal, wie „gut“ ich selbst bin.
Diese Erkenntnis hat mich zu einem tiefen Frieden geführt, der nicht so schnell mehr durch menschliche Aussagen und Verurteilungen ins wanken kommt. Was nicht heißt, daß ich immer noch menschlich genug bin, um zweifeln zu können und zu dürfen. Der Zweifel ist im Grunde genau der Weg, der mich immer näher zu Gott führt, weil ich meinen Zweifel und meine Fragen in erster Linie Gott selbst stelle.
Der nächste Schritt war der, daß ich feststellte (auch in mehreren Schritten durch etliche voneinander unabhängige Erfahrungen) daß die ganzen Begrenzungen der Gotteserkenntnis, welche die Menschen deklarieren, nicht von Gott sind – sondern eben nur menschlich. Dazu gehörte die Erkenntnis, daß die Bibel nicht buchstabengemäß „Gottes Wort“ ist, welches blind befolgt werden muß, sondern eine menschlich ausgedrückte Darstellung von Begegnungen im Leben zwischen Gott und Mensch. Nicht viel anders, wie sie heutzutage in verschiedenster Weise deklariert werden, und deshalb oft widersprüchlich zueinander wirken, obwohl sich viele von ihnen auf die Bibel als einziges Wort Gottes berufen.
Dann wurde mir nach und nach bewußt, daß auch das Erlösungswerk Jesu nicht dem entsprach, wie es mir beigebracht worden war. Nicht Gott fordert das Opfer, sondern die Menschen. Nicht Gott greift immer wieder die Schuldfrage auf, sondern die Menschen. Meinen Schluß, den ich daraus gezogen habe (welcher definitiv auch nur ein sehr begrenztes Erkennen ist) daß Gott dem Menschen in soweit entgegen kommt, wie der Mensch „auf dem Weg“ ist.
Ich glaube, die Frage nach dem Opfer zur Lösung der Schuldfrage, ist ein Element aller Religionen – in unterschiedlichen Formen. Der Mensch trennt sich selbst durch diese Schuldfrage von Gott. Gott will aber nicht die Schuld feststellen, sondern Wege zeigen, wie man aus unguten Situationen heraus kommt. Und weil der Mensch so sehr auf die Schuld und das Opfer dafür fixiert ist, darum hat Jesus das Opfer als „vollkommenes Opfer“ auf sich genommen – so glaube ich es zu erkennen. Es gibt etliche Berichte in der Bibel, wo daraus hervorgeht, daß Gott dem Menschen nachgibt, wo Menschen etwas fordern, was Gott eigentlich garnicht will. Trotzdem kommt Gott dem Menschen entgegen, und begegnet und segnet dem Menschen genau auf dem Weg.
Fazit bis heute ist für mich, daß es nicht auf die Wege ankommt, als nur auf die Suche nach Gott, von ganzem Herzen. Dabei bestimmt nicht mein „gutes Handeln“ oder mein „Glaube“ die Nähe Gottes, sondern mein Wunsch und meinen Blick auf Gott gerichtet. Anders herum „verwandelt“ die Nähe Gottes mein Handeln aber auch. Je mehr „Gott in mir“ sichtbar wird, desto mehr kann er auch in meinem Handeln erkannt werden. Wobei seine Maßstäbe sich sehr von den Menschen entscheiden. Sie sind immer gezeichnet durch den Fokus auf den „Nächsten“.
„Liebe“ ist das Merkmal. Und diese wird erkannt von dem Menschen, dem diese Liebe gilt. Möglicherweise empfindet sogar ein Beobachter ohne Bezugspunkte dazu, diese Liebe als „falsch“ und „ungerecht“, weil Menschen meistens von dem, was materiell sichtbar ist, her entscheiden.
Die echte Liebe KANN nur in der direkten Beziehung zu Gott geschehen, weil die „direkt“ sein muß – unmittelbar von Gott selbst, wo ich sozusagen der „Kanal“ sein darf .
Nähe zu Gott läßt sich schwer beschreiben. Trotzdem haben wir Menschen ein Mitteilungsbedürfnis untereinander, was ja auch gut ist. Wichtig ist, daß nie das Urteil von Menschen meine Gottesnähe bestimmt, sondern nur Gott selbst.
Menschen, die auch solches erfahren haben, habe ich seit etwa einem Jahr bei den „christlichen Mystikern“ gefunden. Ich bin froh, daß ich nun Menschen kenne, die Ähnliches erleben. Trotzdem spüre ich auch da, daß es schwierig ist, das untereinander zu vermitteln. Man kann es nur andeutungsweise ausdrücken – und jeder verbindet es dann mit seiner Erfahrung.
Gerade heute habe ich in einer Mail eine sehr gute Erklärung dazu bekommen, die ich hier mal kopiere:
„Die Mystik ist von Haus aus schwer zu beschreiben. In der Regel funktioniert sie zwischen ihren "Adepten" so, dass man sich versteht, trotz der Worte. Also die Worte sind anders und wenn man sie alles andere als wörtlich nimmt, steigen eigene Erinnerungen hoch, die das gleiche zu beschreiben scheinen.
Da man die spezielle Art der mystischen Erfahrungen von Haus aus schlecht in Worte fassen kann, ist jeder Betroffene auch schneller bereit, den anderen "offen" zu lesen.
Und die mystische Erfahrung verdrängt auch den Schwerpunkt des dogmatischen Denkens, in dem man erzogen worden ist. Also nicht nur die Inhalte sind verschieden, sondern auch die Struktur des Denkens.
Dies alles Leuten begreiflich zu machen, die mystische Erfahrungen als solche nicht haben oder nicht wahrnehmen ist schwierig, wenn nicht unmöglich.
Allerdings gibt es einen Hoffnungsschimmer: Mystik und Nichtmystik ist nicht eine Frage des entweder-oder. Sondern nur wieviel oder wiewenig man davon hat. Und so kann man dann auch Überraschungen erleben, dass jemand der mit Mystik eigentlich nichts am Hut hat, auf einmal Anteile versteht - auf seine Art.“
Da man die spezielle Art der mystischen Erfahrungen von Haus aus schlecht in Worte fassen kann, ist jeder Betroffene auch schneller bereit, den anderen "offen" zu lesen.
Und die mystische Erfahrung verdrängt auch den Schwerpunkt des dogmatischen Denkens, in dem man erzogen worden ist. Also nicht nur die Inhalte sind verschieden, sondern auch die Struktur des Denkens.
Dies alles Leuten begreiflich zu machen, die mystische Erfahrungen als solche nicht haben oder nicht wahrnehmen ist schwierig, wenn nicht unmöglich.
Allerdings gibt es einen Hoffnungsschimmer: Mystik und Nichtmystik ist nicht eine Frage des entweder-oder. Sondern nur wieviel oder wiewenig man davon hat. Und so kann man dann auch Überraschungen erleben, dass jemand der mit Mystik eigentlich nichts am Hut hat, auf einmal Anteile versteht - auf seine Art.“