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Samstag, 19. November 2011

Was ist der Mensch ?

Im Kontext aus Psalm 8,4-7:
Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.  Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan.

Durch die Konfrontation mit Verständnissen aus alten Zeiten bemerke ich gerade, wie selbstverständlich für mich sich manche neuen Erkenntnisse mein Leben bestimmen. So sehr, dass ich kaum noch Verständnis für Menschen habe, die das, was für mich schon "überholt" ist, noch leidenschaftlich vertreten.

Die Frage des Psalmisten "was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst" wird dabei liebend gerne abwertend verstanden. Wenn man aber die Verse im Zusammenhang liest, ist da viel mehr ein Adel enthalten, den kein anderes Lebewesen hat.

Die ganze Schöpfung erzählt von Gott. Also ist in jedem Teil der Schöpfung etwas von Gott, von dem was Gott hinein gelegt hat. Gott zeigt sich in seiner Schöpfung, er macht sich sichtbar darin. Wobei, nach diesem Psalm, der Mensch der Höhepunkt der Schöpfung ist. Gott hat dem Menschen viele Merkmale von sich selbst mitgegeben, damit im Menschen Gott selbst sichtbar wird, und die Schöpfung insgesamt harmonisch zusammengefügt durch ihr Sein Gott ehren kann.

Wenn man denn das, was Gott geschaffen hat, abwertend behandelt, dann ist das eher verachtend für das, was Gott getan hat. Selbst wenn man mit dem, was man verachtet, den Menschen belastet. Denn der Mensch kann nur das benutzen, was der Schöpfer in ihn gelegt hat. Dass der Mensch es oft "falsch" nutzt, ist dabei unumstritten. Wobei die Beurteilung da auch besser Gott überlassen werden sollte. Denn der Mensch kann des Menschen Tun nur von seinen eigenen Ressourcen her beurteilen. Indem man behauptet, dass der Mensch verachtenswert ist, stellt man praktisch in Frage, dass die Schöpfung "gut" ist, wie es im Schöpfungsbericht beschrieben wird. Dort wird aber gesagt: "Gott schaute sein Werk an, und es war sehr gut" (frei zitiert)

Wenn ausgesagt wird, dass Gott Materie (Blut) braucht, um den Menschen passend zu machen, dann unterstellt man Gott, dass er Fehler gemacht hat. Oder zumindest, dass er nicht genug darüber nachgedacht hätte und die Folgen nicht eingeplant hätte.

Meine Theorie ist dazu ja, dass es der Mensch ist, der sich selbst im Wege steht. Denn der Mensch will es nicht wirklich wahrhaben, dass er "wenig niedriger gemacht ist als Gott". Der Mensch will Gott erfassen können. Und da, wo er merkt, dass da eine große Lücke in seinem Begreifen ist, da versucht der Mensch, die Lücke zu schließen. Und zwar in dem Maße, wie es Menschen untereinander klären: Auge um Auge ...

Gott hat auch in den Geschichten des Alten Testamentes der Bibel vergeben. Gott ist Menschen dort begegnet und hat ihnen gegeben, nach dem, was ihr Herz aussagte. Nicht die Taten waren maßgebend sondern das Herz. So war es immer. Der Opfertod ist darum ein Hilfsmittel für die Menschen, damit sie etwas Sichtbares haben, das sie befreit von dem Empfinden, Gott nicht gerecht zu werden und deshalb getrennt von ihm zu sein. Der Opfertod Jesu sollte das Opfer vollkommen machen, damit nicht immer wieder Opfer gebracht werden mussten, und die Menschen  diese Opfer nur noch als Ritual ohne die passende Herzenshaltung zu Gott meinten, es sei alles in Ordnung. Und sich dann so von Gott entfernten - weil ihr Herz sich von Gott abgewendet hat.

Jesus hat (nach den biblischen Berichten) immer den Menschen als Mensch angesehen, und ihn von demher behandelt. So wurde manches Ritual umgekrempelt und die Frommen als Heuchler enttarnt, während er die Versager emporhob. Denn die Versager waren sich bewusst, dass sie Gott brauchten - die Frommen nicht.

Ich erlebe gerade einen Menschen, der seine Mitmenschen immer nur noch durch die Brille der Verdammnis ansieht. Dieser Mensch ist so fixiert auf die Sünde, die Menschen tun, dass er garnicht mehr fähig ist, den Menschen mit allem, was Gott ihm auf den Weg gegeben hat, zu erkennen. Wenn man es in Frage stellt, sucht er nur schnell Worte aus der Bibel, die seine Sicht bestätigen und fährt fort, Menschen zu verdammen - einschließlich sich selbst. Dieser Mensch hat zwar, nach eigenem Bekenntnis, Jesus Opfertod für sich gültig angenommen. Aber er ist unter dem immerwährenden Zwang, "heilig" werden zu müssen. Und weil es ja immer heißt, dass Gott Liebe ist, wird eben alles, was die Person für "richtig" empfindet und wozu sie einen Bibeltext findet, wo das scheinbar bestätigt wird, einfach das Etikett "Liebe" drangehängt. Dabei merkt sie nicht einmal, dass das was sie darstellt, eher das Gegenteil deklariert.

Und dabei wird mir erst bewusst, wozu es wichtig ist, dass Menschen, bei allen Unterschieden, in  Gemeinschaften leben, und zwar ganz real - nicht nur im Internet. Denn wenn man alles was man tut, nur an den Worten misst, welche man kennt, dann kann man ganz leicht in das genau gegenteilige Extrem rutschen, als man eigentlich wollte. In Gemeinschaft und mit offenem Herzen für die Mitmenschen wird man erst fähig, sich selbst zu hinterfragen, damit man alles prüfen kann und das Gute behalten kann.