Die Geschichte vom reichen Mann und armen Lazarus (Lukas 16, 19-31)
Diese Geschichte hat bei mir schon oft mehr Fragen aufgeworfen, anstatt beantwortet.
Bei vielen Christen wird diese Geschichte als eine Sicht in das Jenseits verstanden, um zu informieren, wie es „drüben“ sein wird.
Aber gerade bei der christlichen Auslegung sind für mich da etliche Fragezeichen.
Da wird von dem Glauben geredet, der uns in den Himmel bringt und die Werksgerechtigkeit als „falsch“ dargestellt.
Wenn ich mir aber die Reden von Jesus und sein eigenes Tun anschaue, sowie den Zusammenhang, in dem Jesus dieses Gleichnis erzählt, dann sagt es genau das Gegenteil aus.
Mir wurde auch schon oft gesagt, dass Jesus hier (und auch an anderen Stellen) meist das herkömmliche Verständnis seiner Zuhörer als Hintergrund für seine Botschaft nahm. So kann man von dem Hintergrund her nicht auf Antworten zu den Fragen über Dinge, die wir nicht kontrollieren können, schließen. Sie sind nur Platzhalter einer wichtigen Botschaft. Gerade dieser Text im Zusammenhang mit den Aussagen Jesu ist für mich ein „Beweis“, dass dies eher zutrifft, als sie vom Hintergrund aus als Vorausschau auf das, was nach dem irdischen Leben kommt, zu erkennen.
„Abraham“ begründet in diesem Gleichnis die Sonderstellung des armen Mannes damit, dass dieser im Leben am Mangel leiden musste, obwohl er nahe dran am Reichtum war, von dem er nur die „Brosamen“ bekam (die nicht ausreichten für das Leben). Während der reiche Mann im Leben mehr ausgekostet hatte, als ihm zustand (als er brauchte) . Und deshalb den „Ausgleich“ nun hier im „Jenseits“ bekam.
Nicht, dass der Mann reich war, wurde sein Verhängnis, sondern dass er mehr für sich behielt, als er brauchte – während der Arme vor seinen Füßen Mangel leiden musste. Vielleicht auch von dem Fokus her gesehen, der nur noch auf seinen Besitz gerichtet war, anstatt darauf, wie er diesen Besitz einsetzen konnte, zum Wohle des Nächsten (und damit für sich selbst).
Diese Botschaft kann ich in vielen anderen Botschaften von Jesus erkennen. Dass wir leben im Miteinander, um sich zu ergänzen mit Ausgleich im Teilen der Gaben sowie dem Mangel.
Mir sagt dieses Gleichnis auch, dass es von Gott so gewollt ist, dass jeder Mensch ein gewisses Maß an Gaben und auch an Mangel hat. Damit wir außer uns selbst auch noch den Nächsten erkennen, und uns bewusst wird, dass wir Gaben haben, um zu teilen, und damit selbst zu empfangen, um den eigenen Mangel füllen zu können. Und da, wo wir in der Schwester/dem Bruder Jesus sehen können, da können wir für unseren eigenen Mangel sorgen – indem wir teilen.
Mir wurde in christlichen Kreisen meist eher das Sorgen für mich selbst beigebracht. Man sollte dafür sorgen, dass man sich einen Platz im Himmel sichert – aus dem alle ausgeschlossen werden, die es nicht genauso machen.
„Werke“ waren nicht viel wert, da sie nicht in den Himmel brachten. Stattdessen solle man sich absondern von den Menschen, die „anders“ sind, und ihnen nur predigen, was sie tun müssten, um auch dahin zu kommen, wo wir dann über alle die triumphieren können, die „falsch“ gelegen haben. Wenn man leidet, dann solle man es als gute Botschaft erkennen, dass es unser „Konto“ im Himmel aufbessert. Man solle nur auf Jesus sehen, und alles tun, was uns vorgeschrieben wird (wie Menschen die Bibel verstanden haben wollen). Auch die Rettungsversuche an anderen Menschen sollen hauptsächlich aufzeigen, dass wir Jesus im Blick haben. Der Mensch als Gegenüber sei zweitrangig, denn der bekommt seinen Wert erst durch die Bekehrung zu Jesus. Darum soll man auch nicht seine Beachtung auf die körperliche Hilfe lenken – sondern einfach auf Jesus, der jedem Menschen das geben will was dieser braucht.
Aber auch die Botschaft, dass jeder Mensch alles haben wird, wenn er mit Jesus geht, ist damit nicht begründbar. Denn nach der Botschaft von Jesus selbst sind wir so stark, wie wir aufeinander Acht haben, und miteinander teilen.
Ich denke, dass es von Gott so geplant ist, dass jeder Mensch Gaben sowie auch Mangel hat im Leben. Auch unsere guten Gaben können wir oft erst da wahrnehmen, wo wir auch Mangel empfinden können. Der Mangel ist quasi ein Spiegel um die guten Gaben zu erkennen, die wir haben.
Gott begegnen können wir am besten da, wo wir den Nächsten sehen und erkennen, was wir ihm geben können – um zu empfangen, da wo wir selbst Mangel haben.
Wobei ich aber dennoch ausschließen möchte, wenn man nur deshalb gibt, um selbst etwas zu empfangen. Geben sollte aus reinem Herzen geschehen – einfach aus dem Wunsch für den Anderen heraus, ohne Rückversicherung.
Außerdem zeigt mir diese Botschaft, dass ich nicht mehr bringen muss, als ich habe. Ich darf meine Gaben für mich selbst nutzen und teilen. Und mit dem Teilen meinen Mangel ausgleichen. Ich darf "Ich" sein, mit allen meinen Macken. Und ich erlebe immer wieder, wie gerade meine Macken dazu dienen, anderen Menschen zu signalisieren: Du bist geliebt, von dem der dich gemacht hat. Denn im Geben erlebe ich Erfüllung. Auch wenn die Gaben, die ich habe, oft weniger wertvoll empfunden werden nur in der Ansicht. Ihren Wert bekommen sie durch das Teilen.
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