Gerade tauchte in einem Forum der Bibelvers auf:
Wer sein Leben zu retten sucht, wird es verlieren; und wer es verliert, wird es erhalten." (Lk 17,33)
Diesen Vers habe ich bisher nicht verstanden und deshalb auch nicht länger darüber nachgedacht. Aber nun wurde er in den Zusammenhang damit gebracht, dass man mit dem angeblichen "richtigen Glauben" oft das Leben festhalten will, obwohl man das nicht wirklich kann, weil das Leben eben irgendwo ein Ende hat.
Man kann das Leben nicht festhalten. Das ist eine Erkenntnis, zu welcher eigentlich jeder Mensch irgendwann mal kommen müsste.
Aber ich glaube, genau das ist das Ziel der Religionen: das Leben festhalten.
Für mich war es so, dass ich mit dem christlichen Glauben so aufgewachsen bin, in dem der Himmel, also das was nach dem Ende des irdischen Lebens kommen sollte, das Ziel sein sollte. Das ganze Leben sollte davon geprägt sein, bereit zu sein für das "Ewige Leben". Dieses ewige Leben wurde in meiner damaligen Gemeinde in den blühensten Farben ausgemalt, während das diesseitige Leben hauptsächlich Mühsal und Leid beinhaltet - ausgelöst durch das falsche Verhalten der Menschen am Anfang dieser Zeit.
Die Folge aus dieser Fixierung auf das Jenseits hat bei mir bewirkt, dass ich das diesseitige Leben und wie man dieses aktiv erleben kann überhaupt nicht besonders wichtig fand. Beziehungen zu Menschen, mit denen ich näheren Kontakt hatte, hatten nur den einen Sinn, dass ich sie auf das eigentliche Ziel vorbereiten wollte. Denn, so lautete die immer wiederkehrende Botschaft: wenn man nicht richtig glaubt, dann würde man "verloren gehen". Die Seite des "Verlorenseins" wurde, im Gegensatz zu dem Himmel, in den dunkelsten Farben gemalt.
Beinahe hätte ich so das eigentliche Leben verpasst. Wenn da nicht noch so viele Fragen offen geblieben wären, deren Antwort ich lange Zeit gesucht habe.
Irgendwie bin ich dann doch auf die Fährte gekommen, das Leben im Diesseits, im Hier und Jetzt als den eigentlichen Sinn zu erkennen.
Interessanterweise habe ich den Eindruck, gerade darin, dass ich das Streben nach dem Himmel losgelassen habe, im Hier und Jetzt quasi den "Funken" der Ewigkeit entdeckt zu haben. So dass ich auch anfange zu begreifen, was Jesus gemeint hat mit der Aussage:
"Das Himmelreich ist mitten unter euch."
Wenn man das Leben versucht festzuhalten, wird man es verlieren ... man lebt quasi an dem Leben vorbei. Aber wer das Leben so lebt, wie es sich
*mir* gerade anbietet, der wird entdecken, dass es quasi der Ausgangspunkt der "Ewigkeit" ist.
Ewigkeit ist nicht greifbar, darum können wir sie nicht festhalten. Man kann Bilder malen davon und sie irgendwie versuchen zur Sicherheit werden zu lassen. Z.B. dadurch, dass man möglichst viele Menschen mit der scheinbaren "Wahrheit" begeistert. Dadurch können wir sie aber nur verlieren. Weil wir sie am falschen Ort suchen.